29.10.2013 Aufrufe

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Neutralität der Person lägen Vorzüge -, doch fiel hier meine Entscheidung zugunsten <strong>des</strong> Ich<br />

aus, weil die Intention <strong>des</strong> Textes durchaus die erst neugefundene Lebenslage <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong><br />

einzubeziehen scheint; anders müßten die Datierung einer persönlichen Handlung und die<br />

Nennung Xiao Dezaos in diesem Zusammenhang ohne Bezug zum Gedichttext verstanden<br />

werden. Demnach ist festzuhalten, daß in den Versen 1 bis 7 ausschließlich die persönliche<br />

Befindlichkeit <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong> (als Ich oder Er) beschrieben wird, was für die yongwu-Form<br />

ungewöhnlich erscheint. Doch es stehen die Muße zu geistiger Beschäftigung, der Genuß der<br />

Früchte <strong>des</strong> Sommers und die Einsamkeit, nicht der Dichter selber, im Mittelpunkt der<br />

Beschreibung. Die kräftige Zäsur zu Vers 8 bringt inhaltlich einen Stimmungsumschwung mit<br />

sich, denn die Kunde <strong>des</strong> Westwinds ist die Ankündigung <strong>des</strong> Herbstes und entlegen-still<br />

§Â±I bezieht sich sehr viel mehr auf die Stimmung vor Ort als auf denjenigen, der da zu<br />

Hause ist. 571 Die atmosphärische Ankündigung <strong>des</strong> Herbstes geht dann in die eigentliche<br />

Beschreibung der Wasserlilien am Beginn der zweiten Strophe (Vers 11 bis 13) über. Diese<br />

sind bereits zur Hälfte...zerstreut, und mit dieser Andeutung <strong>des</strong> unmittelbar bevorstehenden<br />

En<strong>des</strong> der Schönheit greift der Text anschließend das Motiv der Heimkehrsehnsucht, das in<br />

den anderen Texten dominierend hervorgetreten war, wieder auf und kommt inhaltlich zu<br />

einem Ende, das stark an den persönlichen Ton der Reisedichtungen <strong>des</strong> Jahres 1186 erinnert.<br />

In diesem Zusammenhang ist noch die Funktion der Anspielung auf ein Gedicht <strong>des</strong> Lu Ji<br />

(drittes Jahrhundert n.Chr.) hervorzuheben, die durch den Ausdruck Grillen in hohen Weiden<br />

in Vers 9 belegt werden kann. Die entsprechende Stelle bei Lu Ji im sechsten Gedicht einer<br />

zwölfteiligen Folge unter dem Titel “Zwölf Gedichte in Nachahmung alter Poesien” 572 sei<br />

hier im inhaltlichen Zusammenhang nach einer Übersetzung <strong>des</strong> Erwin von Zach zitiert:<br />

Ein kalter Wind umbraust mein run<strong>des</strong> Haus; eine fröstelnde Zikade (entspricht dem<br />

Wort Grille; d.V.) zirpt auf hoher Weide. / Voll Unruhe auf- und abgehend bin ich von der<br />

herbstlichen Natur ergriffen; denn ich bin schon unendlich lang auf der Reise. / Auf meiner<br />

Suche nach einer amtlichen Stellung werde ich niemals Erfolg haben; überdies ist es für mich<br />

schwer, die stete Sehnsucht nach der Heimat zu ertragen (daher ist es das Beste nach Hause<br />

zurückzukehren). 573<br />

Der Gedanke an das Leben als Reise und die Sehnsucht danach heimzukehren wird also<br />

mit der Anspielung gleich nach der Zäsur in den Text eingeführt und mit der folgenden<br />

Beschreibung der verblühten sommerlichen Pracht der Wasserlilien verknüpft, ohne daß<br />

zunächst in dieser Episode <strong>des</strong> Textes, die die Zäsur zwischen beiden Strophen überbrückt<br />

(Vers 8 bis 13), eine direkte Beziehung zur Person <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong> erkennbar wäre. Tatsächlich<br />

571 ZWDCD:8124.17<br />

572 Zach, Erwin v.; Chinesische Anthologie; Band I, S. 562-568<br />

573 ebenda; S. 264<br />

327

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!