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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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politische Kontexte - Ausnahmen: Gedicht 1 und 4 -, in der zweiten Hälfte halten dagegen<br />

Anspielungen auf Mythen und religiöses Gedankengut vor - Ausnahmen: Gedicht 12 und 14.<br />

Auch in diesem Kontext übernimmt Gedicht 8 eine überleitende und vermittelnde Funktion,<br />

indem es den Blick auf die Zeitgeschichte mit göttlichen Offenbarungen in Verbindung<br />

bringt, die dem Ich zuletzt allerdings rätselhaft bleiben. Die Ironie, die dabei hier am<br />

deutlichsten durchklingt, wurzelt wohl gerade in dieser Unvereinbarkeit göttlicher<br />

(Offenbarungs-) Wahrheiten mit der individuellen Erkenntnissuche. Zugleich zeigt sich aber<br />

in Gedicht 8 auch erstmalig, daß Wahrheitssuche ein zentrales Motiv dieser Gedichtfolge ist,<br />

das in den unmittelbar folgenden „Berggedichten“ 9 bis 11 mit ihren mythologischen und<br />

religiösen Inhalten noch greifbarer hervortritt.<br />

Der Leser wird in diesem Zyklus durch die überraschenden Effekte scheinbarer<br />

Erlebnisse und die Prägung der Syntax durch auffallend häufige Verwendung der Ich-<br />

Pronomina bewußt in eine Täuschung geführt, der eben dieses Ich, das vom Autor aus<br />

äußerster Distanz betrachtet wird, sozusagen unverbesserlich unterliegt. Die Instanz <strong>des</strong><br />

abstrakten Autors ermöglicht dem Leser dagegen auch die Loslösung vom Ich, die dieses<br />

dann im letzten Gedicht durch die Begegnung mit dem Eremiten selber erfährt.<br />

Bevor nun abschließend mögliche Zusammenhänge mit den Konzepten der Poetik<br />

angesprochen werden, erscheint es sinnvoll, nochmals auf die Beziehung zu Lu Guimengs<br />

Taisee-Texten zurückzukommen.<br />

Die wesentlichen stilistischen Parallelen in beiden Zyklen wurden oben anhand <strong>des</strong><br />

Vergleichs beider Anfangsgedichte bereits angedeutet. Demnach scheint sich <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> vor<br />

allem durch die erlebnishafte Darstellungsweise mit Hilfe bestimmter wörtlicher Stilfiguren<br />

(z.B. temporale Adverbialbestimmungen) und durch die literarische Topik (z.B. Chuci/Qu<br />

Yuan) inspirieren lassen zu haben. Seine stilistische Abgrenzung besteht zunächst in der<br />

zusammenhängenden Konzeption der Gedichte; deren tragende Säulen sind das Ich, als<br />

Mittelpunkt <strong>des</strong> jeweiligen Reiseerlebnisses und eine Art geographischer Plan, der die<br />

einzelnen Landschaften jeweils nach ihrem symbolischen Gehalt koordiniert. Daraus folgt<br />

notwendig, daß in „Gedichte über das Reisen von einst“ die Landschaft sehr viel mehr als<br />

Bild denn als Wirklichkeit zu denken ist, während bei Lu Guimeng fast jeder Ort in der<br />

Umgebung <strong>des</strong> Taisees als heilige Stätte vorgestellt wird, an der die Gegenwart einer höheren<br />

Welt durchaus real anzutreffen ist, auch wenn für den Reisenden diese Begegnungen immer<br />

nur von kurzer Dauer bleiben. <strong>Das</strong> folgende Beispiel aus dem letzten Viertel <strong>des</strong> Zyklus<br />

(Gedicht 16) soll zum Vergleich mit einem der drei „Berg-Gedichte“ <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s dienen. Die<br />

wortreichen Ortsbeschreibungen, mit denen Lu üblicherweise seiner Erbauung während und<br />

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