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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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zweisilbigen und dreisilbigen xu zi. Ihre Wirkung, nämlich den Sprachrhythmus von der<br />

Silbenschwere zu befreien, ihn fließender und damit singbarer zu machen, bemißt sich:<br />

a) an ihrer Häufigkeit innerhalb <strong>des</strong> Gedichtes,<br />

b) an der Länge <strong>des</strong> Verses und<br />

c) an ihrer eigenen Länge, relativ zu der <strong>des</strong> Verses.<br />

Demnach ist diese Wirkung hier, zu Anfang <strong>des</strong> ersten, nur fünfsilbigen Verses sehr groß,<br />

klingt aber durch die restlichen Verse allmählich ganz ab, da keine ähnliche Wendung mehr<br />

folgt. Der erste Vers sticht durch seinen leichten Anfangsrhythmus, welcher das Leitmotiv der<br />

das Gedicht erfüllenden Schwermut - der Frühling kehrt nach Haus - aufbringt und durch die<br />

ungerade Anzahl der Silben (5) von den folgenden ab. Ähnlich, wie es in der europäischen<br />

Literatur eine Unterscheidung zwischen „männlichen“ (einsilbigen) und „weiblichen“<br />

(zweisilbigen) Reimendungen gibt 219 , können hier die Verse, je nachdem die Anzahl ihrer<br />

Silben gerade oder ungerade ist, in Yin- und Yang-Verse eingeteilt werden 220 . Ungerade<br />

Silbenzahlen ergeben ein rhythmisches Ungleichgewicht (Unruhe = Yang ), in dem sich hier,<br />

durch den Kontrast zwischen dem rein funktionalen (das Motiv nur ankündigenden) Nun ist<br />

es grad’ wieder soweit:... und dem voll emotionalen (das Motiv selber) der Frühling kehrt<br />

heim春歸 (chun gui), eine Spannung wie in einem Seufzer entlädt (die „Heimkehr“ <strong>des</strong><br />

Frühlings wurde also bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Gedicht einsetzt, ersehnt). In den<br />

Versen 2 und 3, die sechs-, bzw. viersilbig sind, wird dieses Ungleichgewicht prosodisch (und<br />

melodisch) ausgeglichen. In den Versen 4 bis 6 wird dann das metrische Gerüst der ersten<br />

Gedichthälfte zwar übernommen, der Sprachrhythmus - und mit ihm der Charakter der<br />

Melodie - ist aber ein deutlich anderer, da funktionale und inhaltliche Bestimmtheit der Worte<br />

die Syntax nicht spalten wie in Vers 1. (Eine Zeichen-für-Zeichen-Übersetzung würde lauten:<br />

„Träumend nachgehen - goldener Sattel fort.“) Der anfängliche Seufzer - Ausdruck der<br />

Verzweiflung über eine Sprachlosigkeit - geht so allmählich in ein getrostes Schweigen über,<br />

daß den Saiten der Piba... zu sagen überläßt.<br />

Selbst wenn <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> wie hier seine Worttexte inhaltlich bewußt einer Melodie<br />

unterordnet, greift er nicht willkürlich nach gefälligen Inventarstücken, sondern sucht einen<br />

charakteristischen Zusammenhang von Text und Musik zu vermitteln. Auch hier spielt das<br />

Vorwort eine entscheidende Rolle, denn in der von <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> umnotierten Form ist das Stück<br />

ja nur für Bläserbegleitung (die er übrigens auch in den von ihm selbst geschriebenen Stücken<br />

219 Burdorf; Gedichtanalyse; S. 30<br />

220 Wang, Weiyong; Nan Song ci; S. 10f.<br />

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