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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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selbstbewußt behandeln, um sich nicht unwillkürlich auf Allgemeinplätzen zu verlieren. Er<br />

mußte sich nicht nur in einem der vorgegebenen Muster wiederfinden, sondern sich auch<br />

darin behaupten.<br />

Da die Absicht, sich dem staatlichen Anspruch auf Dienste in der Verwaltung <strong>des</strong> Reiches<br />

zu entziehen, von jeher als moralisch heikel galt, war eine Legitimation durch den<br />

Selbstvergleich mit historischen oder literarischen Vorbildern fast unerläßlich. Von<br />

entscheidender Bedeutung war dabei, daß als die eigentlichen Triebkräfte <strong>des</strong> Rückzugs in<br />

erster Linie moralische Motive tradiert wurden. Ursprünglich beinhalteten sie die Resignation<br />

vor der sittlichen Dekadenz <strong>des</strong> Zeitalters, die in ihren mythologisch-historischen Frühformen<br />

nicht zur Versöhnung mit der Welt, sondern zur völligen Entfremdung oder zum Tod<br />

führte. 399 In späteren Zeiten kommt zu Resignation und Rückzug ein Streben nach<br />

Selbstverwirklichung in der Literatur oder Kunst, das - beispielsweise bei Zhang Han oder<br />

Tao Yuanming - als Ausdruck eines moralischen Willens, der in seiner Zeit keine<br />

Unterstützung findet und daher in einer Suche nach Harmonie mit dem Dao der zeitlosen<br />

Natur und der mit ihr eng verbundenen ländlichen - und heimatlichen - Einfachheit das Gute<br />

sucht.<br />

Doch schon zuvor existierten intellektuelle Strömungen, die die konventionelle Moral und<br />

die Verbindlichkeit der Riten heftig bestritten und statt <strong>des</strong>sen einem Individualismus, der in<br />

einer auf die „natürliche Ordnung“ 自然之理 konzentrierten Philosophie und Ästhetik<br />

verankert war, das Wort redeten. Daß eine solche Weltanschauung im alten China als radikal-<br />

politische Haltung schwerlich „gelebt“ werden konnte, zeigt das Schicksal ihrer ersten<br />

Vertreter, der unter dem Namen „Die sieben Weisen vom Bambushain“ (Zhulin qi xian)<br />

bekannten Aristokraten, die sich den politischen Wirren <strong>des</strong> dritten Jahrhunderts durch eine<br />

Philosophie „der Rückkehr zum Menschen, der Erneuerung <strong>des</strong> Interesses am individuellen<br />

Menschen, der für sich betrachtet wird und nicht mehr als bloßes Teilchen innerhalb der<br />

Staatsmaschinerie“ 400 zu entziehen suchten. Nachdem ihr für die Geschichte der Literatur<br />

bedeutendster Vertreter, der bereits erwähnte Xi Kang, im Jahr 262 infolge seines<br />

provozierend-offenen Nonkonformismus hingerichtet worden war, gab es Mitglieder <strong>des</strong><br />

Kreises - wie Shan Tao (205-283) oder Xiang Xíu (223-ca.300) -, die sich anpassten, andere<br />

399 Antike Beispiele solcher „Frühformen“ <strong>des</strong> Rückzugs wären die Legende <strong>des</strong> „Nestvaters“ (Chao fu) der dem<br />

mythischen Kaiser Yao seinen Dienst verweigerte und , um sich der Beachtung durch die Menschen möglichst<br />

weit zu entziehen, nicht in einer Behausung, sondern auf einem Baum im selbstgebauten Nest wohnte, und die<br />

Biographie der Gebürder Bo Yi und Shu Qi, die wegen eines Vergehens gegen die heiligen Vorschriften <strong>des</strong><br />

Ahnenkults, das König Wen der Zhou-Dynastie begangen hatte, diesen heftig ermahnten und, als der König<br />

dennoch ins Feld zog, anstatt seinen Vater zu betrauern, in die Berge gingen und sich aus Protest zu Tode<br />

hungerten. (Shi ji; J. 61, S. 2122)<br />

400 Holzmann, Donald; Les sept sages de la forêt de bambous et la société de leur temps; in: T’oung Pao 44<br />

(1956), S. 336<br />

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