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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Ausspruch, daß „der höchste Mensch wie ein Leichnam weilt im Kreis der Mauern seines<br />

Hauses“, folgt im weiteren Verlauf <strong>des</strong> Textes eine deutliche Reminiszenz, die den<br />

individuellen Stil mit den Mauern jenes Hauses, in dem Geng Sang Chu nicht aufgesucht<br />

werden will, vergleichbar macht:<br />

Daraufhin seufzte ich tief auf und sprach: Meine Gedichte, meine Gedichte! Ich halte<br />

mich mit ihnen an kargen und abgelegenen Orten 窮居而野處 auf und das ist gut so, wenn<br />

man einfach Freude sucht. Doch was nun diejenigen Schriftsteller tun, die mir bloß auf<br />

Schritt und Tritt nachfolgen wollen, und so meinen, mit Angeln den Ton der Dichtung zu<br />

treffen, das ist nicht nur nicht gut, es verdient nicht einmal, in Erwägung gezogen zu werden.<br />

An einer Stelle dieses Schlußabsatzes <strong>des</strong> ersten Vorwortes ist ein weiteres Zitat, diesmal<br />

aus einem Prosatext <strong>des</strong> Tang-<strong>Dichters</strong> Han Yu (768-824), eingeflochten, von dem <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s<br />

berühmter Zeitgenosse Zhu Xi in einem Kommentar sagte, es habe in der ganzen Tang-<br />

Dichtung kein Stück gegeben, in dem an das Heimkehr-Ideal im Sinne der Dichtungen Tao<br />

Yuanmings so nahtlos angeknüpft werde wie in dieser Verteidigung der Weltflucht, die der<br />

Dichter einem Freund widmete:<br />

...Ich fliehe dieses (Welttreiben) nicht aus Abscheu, sondern weil es mein Schicksal so<br />

will. Der Grund ist, daß ich mich an ihm nicht freuen kann. Ich verweile an kargen und<br />

ungestörten Orten 窮居而野處, steige in die Höhen und schaue ins Weite aus, verbringe<br />

meine Tage sitzend unter blühenden Bäumen, im kalten Quell badend reinige ich mein Selbst,<br />

sammle in der Schönheit <strong>des</strong> Gebirges meine Kost, und was ich beim Angeln in den frischen<br />

Wassern fange, reicht mir als Speise. Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem ich mich erheben, oder<br />

ruhen müßte. In allem was da kommt ist Friede. 293<br />

Hier wird klargestellt, daß die Dichtung als konkrete, prägende Äußerung einzig und<br />

allein auf den Dichter selbst, nicht auf Einflüsse anderer zurückzuführen ist. In Anlehnung an<br />

Han Yu ist seine Individualität aber nicht Anlaß, um sich von anderen Stilen zu<br />

unterscheiden. Sein Handeln folgt, indem es ihn von dem entfernt, was ihn „nicht freuen<br />

kann“, ebensowenig einem eigensinnigen Wollen, wie das jenes „höchsten Menschen“, von<br />

dem Geng Sang Chu sagt, er weile wie ein Leichnam im Kreis der Mauern seines Hauses. Die<br />

Möglichkeit, den eigenen Stil zu finden, schöpft der Dichter also weder aus dem Wunsch, mit<br />

anderen „übereinzustimmen“, noch aus der eigensinnigen Absicht, sich von ihnen<br />

abzusondern, sondern einzig und allein aus der - um den metaphorischen Sinn <strong>des</strong> Zitates<br />

noch einmal hervorzuheben - Freude an kargen und abgelegenen Orten. Es erübrigt sich<br />

293 Han, Yu (kommentiert von Zhu Xi); Zhu Wen Gong jiao Changli xiansheng wen ji; J. 19, S. 153 unten<br />

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