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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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folgenden uns zugeordnet werden müßten. Aus dieser doppelsinnigen Lesart scheint<br />

hervorzugehen, daß sich die subjektive Trennung von Vergangenem und Gegenwärtigem, die<br />

am Anfang <strong>des</strong> Textes gar nicht vorhanden ist, erst in der Entwicklung befindet.<br />

In den ab hier folgenden Versen scheint diese Entwicklung zum Ziel gelangt zu sein. Auf<br />

die aussagekräftige Funktion von Wer denkt dran... 誰念 hatten wir bereits in Zusammenhang<br />

mit der, noch betonteren Wendung Wer erinnert sich an mich... 誰念我 hingewiesen. 564<br />

Anders als im dortigen Kontext, tritt hier jedoch die primäre Eigenschaft der Verstärkung der<br />

emotionalen Aussagekraft durch eine eher floskelhafte Wendung in Verbindung mit dem<br />

erwachenden subjektiven Selbstbewußtsein im Gefühl <strong>des</strong> Vereinsamtseins: das „ich“ steht<br />

nunmehr deutlich einem „ihr“ - hinter dem infolge <strong>des</strong> Vorwortes die dort erwähnten Freunde<br />

zu vermuten sind - gegenüber; dieses „ihr“ befindet sich allerdings nur in der durch<br />

Erinnerung und Vermissen motivierten Vorstellung.<br />

Am Anfang der zweiten Strophe begegnen wir zum wiederholten Mal dem in <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s<br />

ci mehrfach anzutreffenden Yangzhou-Topos (Vers 12: West-Bambushain bzw. 竹西), der im<br />

Zusammenhang mit seiner persönlichen und der zeitgenössischen Du-Mu-Rezeption zu<br />

bewerten ist. Speziell hier übernimmt er die Funktionen der Anspielung bezüglich Zhang<br />

Shangs Treiben auf der Zhangtai-Chaussee, versetzt also die Sehnsucht nach leichtlebiger<br />

Jugend von der direkten auf die metaphorische Ebene, fügt aber zugleich dieser Ebene den<br />

tragischen Beigeschmack der Unwiederbringlichkeit <strong>des</strong> Vergangenen hinzu, der die<br />

Sehnsucht nach der Heimkehr, die man noch unmitttelbar zuvor nur als solche herauszuhören<br />

meinte (Vers 10), in eine Sehnsucht nach dem Unmöglichen verwandelt. Es ist also nicht nur<br />

das Bewußtwerden einer subjektiven Befindlichkeit, das sich im Verlauf <strong>des</strong> Textes<br />

entwickelt und seinen Abschluß in den Versen 17 bis 18 erreicht, wo nicht nur die Ich-<br />

Position verbal eingeführt (Mich wieder bescheint...), sondern auch der heimatferne Ort, an<br />

dem das Gedicht möglicherweise entstand, namentlich erwähnt wird. Dazu kommt auch die<br />

Tragik und scheinbare Abgeschlossenheit <strong>des</strong> Schicksalsgedankens, die im letzten Vers durch<br />

die Symbolik der fallenden Pflaumenblüten in der Frühlingsnacht ausgedrückt wird.<br />

Besonders gegen Ende der zweiten Strophe wird eine Übereinstimmung von Vorwort- und<br />

Gedichttext immer stärker. Daß dieses zu Anfang <strong>des</strong> Gedichtes so gar nicht der Fall zu sein<br />

scheint, bekräftigt den Eindruck der Qualität <strong>des</strong> Surrealen, die durch die ersten Verse<br />

eingebracht wird.<br />

Es ist also zum wiederholten Mal - auch in den zuvor besprochenen ci dieses Kapitels<br />

schien ja die Inspiration zum Gedicht vom Unterbewußten herzurühren - zu beobachten, daß<br />

564 S. 135<br />

321

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