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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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edeuten, das sich durch das Vergehen der Pflaumenblüte (Vers 2) von einer persönlichen<br />

Erinnerung einholen läßt. Es kann aber auch ganz allgemein nur der glückliche Augenblick,<br />

der bald von der Zeit eingeholt wird, als Symbol einer geselligen, aber vergänglichen Jugend<br />

gemeint sein.<br />

In der nunmehr deutlicher werdenden Erinnerung schärfen sich die Konturen besonders<br />

in Vers 8. Ein Rest vom Faden klebt noch immer auf dem Ärmel feucht erweist sich als<br />

Anspielung auf ein ci Li Yus unter dem Melodie-Titel “Ein Krug voll Perlen” (Yi hu zhu), das<br />

von Alfred Hoffmann übersetzt und ausführlich kommentiert wurde. Die beide Schlußverse<br />

<strong>des</strong> Gedichtes lauten bei Hoffmann: “Einen weich-gekauten roten Seidenfaden / Spuckt sie<br />

lächelnd ihrem Liebsten zu.” Der Übersetzer interpretiert diese Szene im Zusammenhang<br />

folgendermaßen:<br />

Kokett und ungeniert hat sie sich auf ihr schöngesticktes Lager hingelegt, zieht aus den<br />

farbenfrohen, roten Stickereien einen Faden, nimmt ihn in spielerischer Langeweile in den<br />

Mund und spuckt ihn schließlich übermütig ihrem Liebsten zu. 599<br />

In jedem Fall tritt durch die Anspielung also eine lebhafte Szene mit erotischem<br />

Einschlag vor Augen. Sie blitzt aber nur kurz auf, um sogleich wieder im Bewußtsein der<br />

Vergangenheit anzugehören. <strong>Das</strong> erotische Moment bleibt zudem eng an die Anspielung<br />

gebunden, wohl in dem Bewußtsein <strong>des</strong> Autors und seiner Leser, daß Li Yu auf diesem<br />

Gebiet der anerkannteste Altmeister der Gattung ci war. In den Versen 9 bis 11 klingt<br />

wiederum nur noch das Gefühl subjektiver Einsamkeit nach.<br />

Es ist nicht nur die Anspielung auf den “Yangzhou-Traum” in Vers 16, durch die wir in<br />

die Reflexion <strong>des</strong> Zurückliegenden eingeführt werden, sondern bereits die davorliegenden<br />

Verse 14 und 15 lassen an eine Szene in der Novelle “Bericht von Fräulein Huo Xiaoyu”<br />

(Huo Xiaoyu zhuan) <strong>des</strong> <strong>Jiang</strong> Fang (um 860) denken. <strong>Das</strong> in der Novellenliteratur der Tang-<br />

Zeit, den sogenannten chuanqi-Erzählungen, sehr vielseitig ausgeformte Thema der<br />

Liebesbeziehung zwischen jungen Literaten und Mädchen <strong>des</strong> Unterhaltungsmilieus - häufig<br />

auch Prostituierten - nimmt darin eine besonders dramatische Wendung, indem der<br />

schüchterne Jüngling Li zum Schluß zum Frauenmörder wird. Seiner ersten Geliebten<br />

begegnet er, ohne sich seiner Lage bewußt zu sein, im Bordell, womit das tragische Schicksal<br />

seinen Anfang nimmt. Der zögernde Eintritt in das Bordell wird wie folgt beschrieben:<br />

Im Hof befanden sich vier Kirschbäume, in der Nordwestecke hing ein Papageienkäfig.<br />

Als (das Tier) den Jüngling eintreten sah, rief es: "Der Erwünschte kommt, schnell, Vorhänge<br />

runter!" Der Jüngling, von unverfälschter Natur und feinen Sitten, erschrak im innersten<br />

599 Hoffmann, Alfred; Die Lieder <strong>des</strong> Li Yü; S. 47-50<br />

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