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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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(Vers 4), Im Jadeantlitz verblaßt Rausch (Vers 6) und ...daß leicht der Frost ihr Tanzkleid<br />

fallen macht (Vers 13) wurden <strong>des</strong>halb mit Blick auf diese Funktion ins Deutsche übertragen.<br />

Dabei bleibt zurück, was in Vers 4 eine wörtlichere Übertragung, wie etwa die von Liu -<br />

“Water-pendants and wind-skirts” - noch durchblicken läßt: nicht nur das Bild, sondern auch<br />

die Worte sind im Original mehrdeutig. Liu bemerkt, daß die Formulierung aus einem<br />

Gedicht <strong>des</strong> Li He (791-817) stammt, wo sie vom Geist der legendären Tänzerin Su Xiaoxiao<br />

(fünftes Jahrhundert n.Chr.) ausgesprochen zu werden scheint. Dieser besingt über den Tod<br />

hinaus das Schicksal <strong>des</strong> Lebens, dem “die Liebeserfüllung...versagt” bleibt. 582 Die<br />

Aussagekraft der Anspielung wird dadurch erhöht, daß das Grab der Su Xiaoxiao am Westsee<br />

lag und somit die Lokalitäten beider Gedichte übereinstimmen. Wenn es bei Li He bildlich<br />

heißt: “Wind mein rauschen<strong>des</strong> Kleid,/ Wasser mein Gürtelgehäng:...” 583 , so dürfte <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong><br />

davon ausgegangen sein, daß Li nahezu denselben Anblick vor Augen hatte. Doch was diese<br />

Anspielung auszeichnet, ist, daß sie im imaginativen Bereich verbleibt und keine inhaltliche<br />

Anspielung auf den literarischen Kontext um die legendäre Gestalt der Su Xiaoxiao darstellt.<br />

Auch Vers 6 läßt zwei verschiedene Sichtweisen <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong> offen, von denen die<br />

Übersetzung hier nur eine wiedergeben kann. Die andere könnte lauten: “<strong>Das</strong> Jadeantlitz läßt<br />

den Rausch verblassen.” In dem Ausdruck 玉容 (Jadeantlitz) verschmilzt die Schönheit von<br />

Blüten und Frauengesichtern, es ist aber nicht zu entscheiden, ob die Faszination der Blüten-<br />

(Frauen-) schönheit einen Betrachter aus seiner trunkenen Benommenheit reißt, oder ob der<br />

endende Sommer den Blütenblättern die Röte nimmt bzw. die Blüte <strong>des</strong> Lebens wie das<br />

Erröten der Trunkenheit aus Frauengesichtern verschwindet. Auch hier wird also nicht<br />

benannt, woran zu denken ist. Es soll geraten werden und rätselhaft bleiben.<br />

In Vers 13 wird schließlich die Ambiguität <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong> durch einen logischen<br />

Widerspruch ausgelöst. Die Übersetzung konnte hier wörtlich wiedergeben, was im Original<br />

vorgeht. War noch in Vers 11 scheinbar eine Liebste (schlicht: 情人) zugegen, so mochte es<br />

zwar hingehen, daß diese in Vers 12 wie ein Geist auf Wellen fortschreitet, doch die<br />

Befürchtung, daß leicht der Frost ihr Tanzkleid fallen macht, lenkt die Vorstellung auf den<br />

Gegenstand der Wasserlilien bzw. ihrer sich im Spätherbst lösenden Blätter um.<br />

Besonders das letzte Beispiel zeigt, daß diese imaginative Vieldeutigkeit in überlegtem<br />

Bezug zu der <strong>des</strong> Kontextes steht, auf die jetzt einzugehen ist. Auch wenn der Beginn der<br />

zweiten Strophe die Beschreibung der Pflanzen in Anspielung auf das Vorwort - ragen grüne<br />

Schirme hoch - fortsetzt, enthalten doch die Anfänge beider Strophen Andeutungen <strong>des</strong><br />

582 Ich stütze mich hier auf G. Debons Übersetzung und Kurzinterpretation <strong>des</strong> Textes in: Mein Haus liegt<br />

menschenfern doch nah den Dingen; S. 85<br />

583 ebenda<br />

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