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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Doch die Auflösung im Schlußvers vollzieht sich unter weitestmöglicher Vermeidung eines<br />

derartig überschaubaren „Plots“. Zunächst wird die kleinste zeitliche Ebene (Soeben... / shi<br />

you) eingesetzt, die alles andere als das unmittelbare Geschehen (also auch Erinnerung,<br />

Ausblick auf Zukünftiges als Möglichkeiten den subjektiven Standpunkt in einen größeren<br />

zeitlichen Rahmen einzuspannen) ausschließt. Auf ihr vollzieht sich ein scheinbar völlig<br />

unbeteiligtes, alltägliches Ereignis: die Rückkehr eines Flußjungen, eines Bewohners<br />

<strong>des</strong>selben Dorfes oder einer noch weiter vor der Stadt liegenden Ansiedlung also, vom<br />

Verkauf seiner Ware auf dem Markt.<br />

Ein kurzer Vergleich mit dem folgenden Vierzeiler aus dem Jahreszeiten-Zyklus zeigt<br />

offensichtliche strukturelle und inhaltliche Parallelen:<br />

Paarweis’ tauchen Schmetterlinge in <strong>des</strong> Rapses Blüten.<br />

Lange Tage muß ich unbesucht das Landhaus hüten.<br />

Die Henne flattert übern Zaun, im Zwinger bellt der Hund -<br />

Sogleich weiß ich, ein Krämer kommt, um Tee feilzubieten. 156<br />

蝴蝶雙雙入菜花<br />

日長無客到田家<br />

雞飛過籬犬吠竇<br />

知有行商來買茶<br />

Obwohl hier das abgeschiedene Ich deutlicher hervortritt und scheinbar eins mit dem<br />

Dichter ist, enthalten diese Verse doch klar genug das Element der Spannungsrücknahme,<br />

welches zu den wichtigsten Inventionen von Fans ländlicher Genredichtung gehört 157 und das<br />

hier in einer Weise eingebracht wird, die <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> wahrscheinlich als Vorbild diente. Vers 3<br />

verwendet zwar offenbar keine literarische Anspielung, dafür aber die Zeitdynamik: lange<br />

Tage, in denen nichts geschieht, werden plötzlich durch den Augenblick, in dem die Henne /<br />

übern Zaun / flattert -¸ und der Hund / bellt unterbrochen. Tatsächlich wird hier ähnlich<br />

ruckartig die Erwartung eines bedeutenden Ereignisses provoziert. Doch der Dichter weiß /<br />

sogleich, daß...: der alltäglichen Gegenwart, in die <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> seinen Leser nach der<br />

Anspielung auf den großen Genius der Vergangenheit zurückholt, entspricht hier ein<br />

gleichmütiges „Ich weiß schon...“ und die von beiden zum Abschluß eingesetzten Requisiten<br />

verkörpern nichts weiter als die Spiegelung dieses Gleichmuts in den gewöhnlichen<br />

Geschehnissen.<br />

In Fans Zyklus bildet Gleichmut, als geistiges Band zwischen dem Einzelnen und dem<br />

zeitlichen Wandel <strong>des</strong> natürlichen Lebens, das einzige durchgehende Strukturelement. <strong>Jiang</strong><br />

<strong>Kui</strong>s Gedicht ist, wie gesagt, ein einzeln stehender Text und wenn er auch einen gewissen<br />

Einfluß Fan Chengdas spürbar werden läßt, so scheint mir doch damit zum Verständnis der<br />

156 Zhou, Ruchang; Fan Chengda shi xuan; S. 237<br />

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