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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Exposition <strong>des</strong> Themas ist gleich im ersten Atemzug abgeschlossen, mit Vers 2 wird die<br />

Selbstreflexion konkret.<br />

„Pfefferblütenwein“ 椒花酒 ist ein scharf gewürzter, hochprozentiger Reiswein, mit dem<br />

sich die Nachbarn am Morgen <strong>des</strong> Neujahrstages unter gegenseitigen Glückwünschen für<br />

Gesundheit und ein langes Leben bewirteten. Die aufwärmende Wirkung <strong>des</strong> Getränks, die<br />

Freundlichkeit und der Zuspruch anderer - das alles ist dem Reisenden im Augenblick fern,<br />

während Kälte und Wind umso größer und gegenwärtiger erscheinen. Unweigerlich kommt<br />

man sich in einer solchen Situation fehl am Platze vor und sucht der Wirrnis <strong>des</strong> Lebens zu<br />

entgehen. Der letzte Vers findet den rettenden Gegenentwurf zu Kälte, Dunkelheit und<br />

Verlassensein in einer kontemplativen Hinwendung zur Dichtung. Nicht nur feilend bemüht<br />

sich der Bootsreisende in der Einsamkeit um Lieder (wörtl.: „Frühlingslieder“), in denen er<br />

den Jahreswechsel mitfeiert, sondern er richtet zu guter Letzt wiederum die Aufmerksamkeit<br />

auf einen Punkt jenseits <strong>des</strong> äußeren Umfel<strong>des</strong>. <strong>Das</strong> Kerzenlicht nimmt innerhalb dieses<br />

Gedichtes eine ähnlich hervorgehobene Stellung ein wie die Reiselampe in Gedicht 3 und das<br />

verkohlte Ende <strong>des</strong> Dochtes 燈花 auf der Reimposition <strong>des</strong> Schlußverses in dem - nicht in<br />

diese Untersuchung eingebrachten - Gedicht 4. Es vertritt jene Lichtquelle, die in der Wirrnis<br />

<strong>des</strong> Lebens, die zum Einsamsein zwingt, erlischt oder verschüttet ist. Wer dazu bestimmt ist,<br />

ins Kerzenlicht Ausschau zu halten, der sieht die Welt nur noch von Innen, in Träumen,<br />

Dichtungen und Bildern einer verborgenen Wirklichkeit, die erst durch den Einsamen<br />

geschaffen werden muß.<br />

<strong>Das</strong> siebte Gedicht im Zyklus vollzieht wiederum einen Wechsel der Sicht, die im<br />

vorigen Gedicht überwiegend nachdenklich nach Innen und subjektiv ausgerichtet war und<br />

die nun wieder so klar nach außen strebt, daß das Ich am Ende sogar sich selbst von außerhalb<br />

zu betrachten scheint. Rasche und unauffällige Perspektivänderungen bewirken beim Leser<br />

den Eindruck einer zwischen objektiver (Natur-) Beschreibung und Selbstdeutung hin- und<br />

herschweifenden Wahrnehmung. Sie gehören nicht nur zur durchgehenden Struktur dieses<br />

Vierzeiler-Zyklus, sondern wurden bereits als stilistische Besonderheit unter <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s<br />

Vierzeilern im Neuen Stil erkannt. 446 <strong>Das</strong> Ich erhält innerhalb der Textstruktur eine variablere<br />

Position, durch die der Gefahr einer Eintönigkeit, die gerade da lauert, wo ein lyrisches <strong>Werk</strong><br />

von nur wenigen Leitgedanken geprägt ist, entgegengewirkt wird. Genau das ist bei <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong><br />

der Fall und dazu kommt, daß seine wichtigsten Themenbereiche - wie Einsamkeit,<br />

Unterwegssein und, besonders in den ci, Trennung von einer Geliebten - oft in einzelnen<br />

Texten zusammenfallen, wie es das abschließende Beispiel zeigt:<br />

446 Hu, Ming; Nan Song shi ren lun; S. 156-157<br />

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