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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Schwertern bricht) eines drohenden Kriegsausbruches geschützt weiß, denn der Schnee ist ja<br />

Dichtung und Schnee das Gedicht!<br />

Zweifellos weiß <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> im voraus um die Vergeblichkeit seines Versuches, den Freund<br />

zur Aufgabe seines Militärpostens zu bewegen. Er weiß darum, daß dieser fest entschlossen<br />

ist, seinen Pflichten nachzukommen und die Rücksichtnahme auf seine privaten Neigungen<br />

verachtet. Nur darum läßt er die Orte, an denen sich Wangs Gegenwart im Text besonders<br />

verdichtet - Huainan als äußere, der kalte Fluß als innere Landschaft - im diffusen<br />

Schneetreiben versinken, denn sie verlieren genau dadurch ihre eindeutige Verbindung mit<br />

der Außenwelt, entfremden und verschließen sich, werden hermetisch eins mit der Person<br />

Wang Mengyus.<br />

In diesem Sinn ist es die letzte Konsequenz einer so gearteten geistigen Freundschaft, daß<br />

der Ort, an dem diese stattfindet und lebt, in Wahrheit kein Platz der Außenwelt, sondern die<br />

Dichtung selber ist. Die Trennung der beiden muß dort nie stattfinden und die Aufforderung<br />

an Wang zum Rückzug aus dem Amt bleibt eine Ermutigung zur Selbsttreue, auch wenn sie<br />

nicht in der Tat befolgt wird. Die Bewunderung für den Freund gilt ja gerade <strong>des</strong>sen<br />

Fähigkeit, sich in der Welt zurechtzufinden und dennoch seine Kraft im Innern zu bewahren.<br />

Die Wahl <strong>des</strong> Schnee-Motivs geht jedoch nicht ganz auf eigene Anschauung zurück. Zu<br />

schwach fällt seine Wahrnehmung als Naturphänomen aus und zu deutlich ist seine Funktion<br />

als Träger eines Gedankens, der zugleich bis zum letzten Vers unter dem Bilderfluß<br />

verborgen bleibt. Wir haben bisher nur festhalten können, daß der Charakter Wang Mengyus<br />

in irgendeiner Verwandtschaft mit bestimmten, dem Schnee im voraus angehängten<br />

Eigenschaften geschaut wird. Wir haben erkannt, daß Wangs innere Festigkeit von den<br />

Mahnungen <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong> nicht erschüttert werden kann und daß diese im Grunde eher darauf<br />

zielen, jene Charakterstärke <strong>des</strong> Freun<strong>des</strong> über sich zu erheben, als ihn umzustimmen. Von all<br />

dem scheint auf den ersten Blick kein Signal auszugehen, das die gedankliche<br />

Verbindungsstelle zwischen diesem Charakterbild und denkbaren Eigenschaften <strong>des</strong> Schnees<br />

andeuten könnte. Eine fu-Dichtung <strong>des</strong> Poeten Xie Huilian (397-433), deren Titel 雪賦 von<br />

Erwin v. Zach mit „Der Schnee“ übersetzt wurde, dichtet dem Schnee allerdings<br />

Eigenschaften an, die auf das Charakterbild Wangs übertragbar sind. Der Schluß <strong>des</strong><br />

Gedichtes lautet in v. Zachs Prosaübersetzung:<br />

<strong>Das</strong> dunkle Yin-Prinzip bringt die Erstarrung <strong>des</strong> Schnees zustande, ohne <strong>des</strong>sen Weiße<br />

zu verdunkeln. Die helle Sonne bescheint ihn, doch erhärtet nicht sein Wesen (läßt ihn<br />

vielmehr zerfließen). Festigkeit ist nicht meine Sache (sagt der Schnee); Reinheit ist nicht<br />

meine Tugend. Mit den Wolken steige ich auf und nieder, mit dem Wind erhebe ich mich und<br />

falle wieder zu Boden. Im Zusammentreffen mit den Dingen, nehme ich deren Gestalt an, der<br />

Unterlage entsprechend ahme ich deren Form nach. Ich bleibe zufällig weiß oder werde durch<br />

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