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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Registertönen ist eine prosodische Ordnung nur in den Versen 3 und 4 erkennbar und läßt auf<br />

eine Abstimmung mit den Konturtönen schließen, die die beiden Verse klanglich noch enger<br />

verbindet. Allerdings kann im ersten Verspaar die extrem entgegengesetzte Mengenverteilung<br />

von Hoch- und Tieftönen als Zeichen einer unterschwelligen Zunahme <strong>des</strong><br />

Spannungselementes interpretiert werden, was letztlich eine Voraussetzung für einen<br />

Spannungsausgleich in den beiden Schlußversen ist. Auch inhaltlich läßt sich diese<br />

Auslegung untermauern, denn auf die Erwähnung <strong>des</strong> scheidenden Freun<strong>des</strong> (Vers 1) folgt<br />

die Nennung seines Reiseziels, Yangzhou (Vers 2), das weit hinter dem Horizont gleichsam<br />

für die endgültige Trennung steht.<br />

Blicken wir nun nochmals auf die entsprechende Verteilung von Hoch- und Tieftönen bei<br />

<strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>, so sehen wir eine Konstellation, in der das wechselnde Ungleichgewicht der<br />

Registertöne innerhalb der Verse 1 bis 3 dominiert. Die Ausgeglichenheit auf der<br />

Konturtonebene verkehrt sich ins Gegenteil, d.h. ein unterschwelliges Schwanken scheint sich<br />

im Klangbild bemerkbar zu machen. Hier läßt die inhaltliche Interpretation der Verse noch<br />

weniger daran zweifeln, daß dieses Schwanken mit dem Aussagegehalt beabsichtigt sein muß:<br />

In Vers 1 suggeriert der späte Zeitpunkt, zu dem ein Boot noch überquert, von sich aus das<br />

Moment der Ruhe. In Vers 2 wird umgekehrt durch die vom Wind gejagten Weidenblüten und<br />

das kleine Segel Unruhe ins Bild gebracht. In Vers 3 ist es wiederum die subjektive<br />

Vorstellung, daß ein einziger Ton aus der Flöte <strong>des</strong> Insassen Fische und Drachen (unter<br />

Wasser) tanzen mache, die von der äußeren Unruhe ablenkt, indem sie ihren Ursprung in den<br />

von ihr scheinbar getriebenen Bootsinsassen verlegt. In Vers 4 gewinnt schließlich das<br />

Moment der Unruhe und Gespanntheit in abgeschwächter Form wieder die Oberhand. Zwar<br />

ist das Boot den berghohen Wellen scheinbar vollkommen ausgeliefert, eine Rückkehr zum<br />

Heimathafen scheint unmöglich, doch durch die magische Verbindung zwischen ihm und den<br />

mythischen Kräften <strong>des</strong> Wassers (Fische und Drachen) mittels <strong>des</strong> Flötenspieles wird es<br />

ebenso als innerhalb <strong>des</strong> Geschehens mitwirkender Teil, nicht nur als Objekt der Wellen,<br />

betrachtet.<br />

Eine letzte Beobachtung, die sich auf den Vergleich beider Texte stützen kann, betrifft<br />

deren rhythmische Struktur an einer Stelle, wo Prosodie und Syntax einander berühren. <strong>Das</strong><br />

Sieben-Silben-Metrum beinhaltet 3 Binnenzäsuren, die den Vers in 3 Silbenpaare und eine<br />

einzelne Silbe gliedern. Deren exponierte Stellung markiert gewöhnlich die Endposition <strong>des</strong><br />

Verses und somit den Reimlaut. Dadurch, daß die Zäsuren zwischen dem ersten und zweiten<br />

Silbenpaar und vor der fünften Silbe starr eingehalten werden, verschmelzen die ersten beiden<br />

Paare zu einer metrischen Grundeinheit <strong>des</strong> Sieben-Silben-Verses, die, syntaktisch gesehen,<br />

aus zwei Kola besteht. Die zweite Grundeinheit dieses Verstyps besteht also aus drei Silben<br />

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