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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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praktischen Wirken zum Wohl <strong>des</strong> Ganzen, das als Lebensaufgabe <strong>des</strong> Literaten-Beamten<br />

moralisch verpflichtend war, zumin<strong>des</strong>t gleichsetzte.<br />

3. Die Ambivalenz <strong>des</strong> Rückzugsmotives in Gedichten der ci-Form<br />

Während in den bisher durchgesprochenen shi eine intime Atmosphäre zwischen dem<br />

Dichter und der von ihm vor allem angeredeten Person bestimmend war - eine Atmosphäre,<br />

die der Situation, in der die Gedanken <strong>des</strong> Einen ganz auf das Getrenntwerden vom Anderen<br />

gerichtet sind, entspricht -, breitet sich in den ci mit ähnlicher Thematik eine deutlich andere<br />

Stimmung aus.<br />

Diese Verschiedenheit ist auf eine doppelte Ursache zurückzuführen. Zum einen findet<br />

sich hier der Topos <strong>des</strong> Geleitgebens, der in der shi-Dichtung entweder mit einer<br />

tatsächlichen Situation zusammenfällt oder aber eine solche in der Fantasie voraussetzt -<br />

zumin<strong>des</strong>t bei <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> – nur sehr selten. Während <strong>des</strong> Geleits drängen sich die<br />

Ungewißheiten der bevorstehenden Reise dem Denken auf, Sorgen, Befürchtungen und<br />

Zweifel an ihrem Ziel wollen laut werden. Der Zurückbleibende sieht den Abstand zwischen<br />

sich und dem Freund schon im voraus wachsen und dieses hat oft zur Folge, daß er den<br />

Zweck der Reise - nämlich eine dienstliche Aufgabe zu erfüllen - mehr oder weniger offen als<br />

Quelle seiner eigenen und der Leiden <strong>des</strong> Freun<strong>des</strong> begreift. Auf diese Weise wird der innere<br />

Konflikt zwischen der offiziellen Person und dem Individuum durch eine äußere,<br />

gewissermaßen literarisch funktionalisierte Situation vorgegeben. Es ist wichtig, daß in den<br />

zuvor besprochenen Geleitgedichten <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s dieser innere Konflikt entweder im Anderen<br />

stattzufinden scheint (Xiang Anshi) oder aber auf <strong>des</strong>sen Situation projiziert wird (Wang<br />

Mengyu), während die Dichtung nicht nur als geistiges Band zwischen beiden die Trennung<br />

erträglicher macht, sondern auch den individuellen Vorstellungen von einer Erfüllung <strong>des</strong><br />

Lebens in der Hingabe an die Kunst Ausdruck gibt. Zum anderen wird in der ci-Dichtung das<br />

Entferntsein von einer anderen Person überwiegend auf einem ganz anderen Hintergrund<br />

thematisiert, nämlich dem der ebenso schicksalsbedingten Trennung von einer Geliebten. Die<br />

Rollen der Zurückbleibenden und der in die Ferne Ziehenden werden hier umgekehrt verteilt<br />

und dazu kommt, daß die Beziehung zwischen den Geschlechtern eine andere Form <strong>des</strong><br />

Leidens bedingt. Wie <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> diese verschiedenen Grundvoraussetzungen nutzte, um in der<br />

ci-Dichtung seiner eigenen Lebenserfahrung tieferen Ausdruck zu geben, wird im folgenden<br />

Kapitel ausführlich erörtert werden.<br />

Doch auch dort, wo von Liebeslyrik nicht einmal als Vorwand für die Umschreibung<br />

eines subtileren Gegenstan<strong>des</strong> die Rede sein kann und wo es sich bei dem Angeredeten um<br />

eine Person handelt, deren gegenwärtige Situation, vergleichbar mit der in Geleit- oder<br />

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