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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Am Tag der Wintersonnenwende <strong>des</strong> Jahres Bingshen der Ära Chunxi (1176)<br />

kam ich durch Weiyang (Yangzhou). Abendlicher Schneefall ließ nach und gab<br />

den Blick über Felder frei, auf denen Hirtentäschel und Weizen wucherten. Als ich<br />

zwischen die Stadtmauern trat, umgab mich von allen Seiten leblose Stille, das<br />

kalte Wasser war für sich eisgrün; allmählich zog der Abend herauf, die traurige<br />

Klage der Wachhörner erscholl. Meine Gedanken trübten sich und ich fand mich<br />

betroffen zwischen einst und jetzt wieder. So kam es, daß ich diese Melodie selber<br />

setzte.<br />

Der Alte der tausend Klippen (Xiao Dezao) ist der Ansicht, es sei darin etwas<br />

von der Trauer <strong>des</strong> (Shi jing-) Lie<strong>des</strong> „Hängende Hirsegrannen“ (Shu li) 228<br />

enthalten.<br />

淳熙丙申至日<br />

予過維揚<br />

夜雪初霽<br />

薺麥彌望<br />

入其城<br />

則四顧蕭條<br />

寒水自碧<br />

暮色漸起<br />

戍角悲吟<br />

予懷愴然<br />

感慨今昔<br />

因自度此曲<br />

千巖老人以為有<br />

黍離之悲也<br />

230 Vereinsamte Teiche könnte als Anspielung auf ein Gedicht Du Fus interpretiert werden, in dem dieser<br />

ebenfalls Kriegsverwüstungen, die sich durch ganze Landstriche erstrecken, beklagt. (Quan Tang shi (QTS);<br />

Shanghai 1995; 222.537. Der Titel lautet: Jun bu jian jian su xi.) Ragende Bäume diente dagegen vormals dem Mengzi<br />

als Sinnbild. In einem Gespräch mit den König Xuan von Qi äußerte Mengzi, daß ragende Bäume (qiao mu)<br />

nicht das wahre Kriterium für ein “altes Königtum”, also eine vom Himmel gesegnete Herrschaft, seien. <strong>Das</strong><br />

Königtum wüchse nicht mit den Stämmen seiner Bäume, sondern mit den “Stämmen” der Familien, die ihm<br />

dienen. (Legge; Classics; Vol. II, S. 165)<br />

231 In einem Vierzeiler mit dem Titel Zeng bie („Zum Abschied“) vergleicht Du Mu ein dreizehnjähriges<br />

Mädchen, mit <strong>des</strong>sen Eltern er einen Heiratsvertrag auf zehn Jahre geschlossen hatte, mit einer<br />

Kardamomknospe „im frühen zweiten Monat“. (Fan Chuan shi ji; S. 311; Übersetzt von Klöpsch; Nr. 264, S.<br />

292; mit Kommentar bei Kubin; Du Mu; S. 198)<br />

232 Eines der in Yu Yes Erzählung enthaltenen Gedichte, in denen Du Mu seine verschwenderische und<br />

genießerische Jugendzeit in Yangzhou halb betrauert, halb verklärt. (Fan Chuan shi ji; S. 369; Übersetzung bei<br />

Klöpsch; Nr. 263, S. 292 und Kubin; Tu Mu; S. 214-215) Kubin erläutert den Ausdruck Qing lou („Blaue<br />

Kammer“) als „Wohnsitz reicher und mächtiger Familien“ und „wie in diesem Fall ein Haus, wo Mädchen Gäste<br />

mit Gesang und Tanz unterhalten und sich auch von ihnen umwerben lassen.“<br />

233 Der mit aus tieferem Sinn übersetzte Ausdruck shen qing meint Gefühle, die über das eigene Leben hinaus<br />

andauern. So wird er etwa von Bo Juyi in seinem „Lied von der unsterblichen Liebe und Sehnsucht“ (Chang hen<br />

ge; TSS; J. 2, S. 143ff.; übersetzt von Ernst Schwarz in Klöpsch; Nr. 237, S. 258 ff.) verwendet, wo der Geist<br />

der ermordeten Konkubine seine immer noch währende Liebe für den Kaiser beteuert.<br />

234 Der Ausdruck vierundzwanzig Brücken (er shi si tiao) wird auch bei Du Mu als Metonym für Yangzhou und<br />

<strong>des</strong>sen mondäne Pracht verwendet. (Fan Chuan shi ji; S. 282 & Kubin, Tu Mu; S. 187)<br />

235 <strong>Das</strong> Bild der Pfingstrosen (hong yao - in Modulation zur Seite werden sie shao yao genannt und heißen<br />

daher in meiner Übersetzung Päonien) neben den Brücken hat einen tieferen Bezug zur Stimmung, die das<br />

Gedicht erfüllt. Noch im 11. Jahrhundert befand sich auf den Brücken von Yangzhou der prächtige<br />

Blumenmarkt, auf dem vor allem Päonien, für deren Zucht Yangzhou berühmt war, verkauft wurden. In <strong>Jiang</strong><br />

<strong>Kui</strong>s Gegenwart ist keine Spur mehr davon als nur die welken Überreste von Päonien, die wild neben den<br />

Brücken wachsen.<br />

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