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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Verse stehen, denen Phrasen entsprechen, deren rhythmischer Aufbau nahezu identisch ist.<br />

Um die Strophenmitte ist die Metrik verschieden ausgewogen. In den Versen 1 bis 4 erkennen<br />

wir ein monotones Versmaß, dem in der Musik ein starker Überhang halbwertiger Noten<br />

entspricht, d.h. jede Phrase wird rhythmisch mehr oder weniger 570 von Halbwertnoten<br />

dominiert. Ganz anders geht es danach weiter. Vers 6 fällt zunächst wieder auf das monotone<br />

Vierermaß zurück und auch in der Musik deutet sich eine Wiederaufnahme <strong>des</strong><br />

Strophenanfangs an, denn die Phrase besteht erneut aus vier halbwertigen Noten. Unmittelbar<br />

darauf streckt sich Vers 7 mit sieben Silben (i.d.Ü. vierzehn) und wird von der einzigen<br />

Phrase innerhalb der Strophe, in der klar die Viertelnoten vorherrschen, musikalisch begleitet.<br />

Natürlich ist es bewußte Gestaltung, daß gerade hier zum einzigen Mal im Text die Sprache<br />

auf den fremden Dichter kommt (in der zweiten Strophe ist weder nochmals direkt von ihm<br />

die Rede, noch wiederholt sich eine ähnlich scharfe Zäsur, wie diejenige, die danach folgt).<br />

Der anschließende Einschnitt ist noch tiefer (zwei Silben zu zwei halbwertigen Noten), was<br />

bald hinsichtlich der inhaltlichen Interpretation wieder angesprochen werden wird. Vers 9<br />

fällt dagegen in das, dem Gefühl <strong>des</strong> Lesers (Zuhörers) bereits eingeprägte Vier-Silben-<br />

Metrum zurück und leitet auf diese Weise zu Vers 10 über. Sowohl die letzten beiden Verse<br />

als auch die entsprechenden Phrasen stimmen, was den Rhythmus betrifft, vollkommen mit<br />

der Gedichtmitte überein.<br />

Schon durch den Anblick <strong>des</strong> Schriftbil<strong>des</strong> und noch besser durch lautes Lesen (sowohl<br />

<strong>des</strong> Originals wie der Übersetzung) läßt sich diesen Zäsuren nachspüren. Dabei wird im<br />

Überblick <strong>des</strong> Gesamttextes erkennbar, daß in der zweiten Strophe nicht nur die Versmaße<br />

sehr viel mehr einander angeglichen sind, sondern bei genauerem Hinsehen scheint der huan<br />

tou - jene deutlich sicht- und hörbare metrische Variation der ersten Verse der zweiten<br />

Strophe gegenüber denen der ersten - auf Vers 8, also ans Ende der ersten Strophe rückverlegt<br />

worden zu sein! Eine solche Vermutung, die auf eine Neubewertung der metrischen Form<br />

hinausliefe, läßt sich jedoch nicht nur auf formale Beobachtungen stützen. Um ihr<br />

zusätzlichen Halt zu geben, muß der Text auch von der inhaltlichen Seite her betrachtet<br />

werden.<br />

Obwohl das Ich in verbaler Funktion aus diesem Text völlig herausgedrängt ist, tritt es<br />

zunächst wenigstens im Vorwort auf, und alle menschlichen Handlungen, die der Text<br />

beinhaltet, lassen sich auf die Person <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong>, die in Vers 7 genannt wird, beziehen. Die<br />

Syntax im Chinesischen ermöglicht zwar, als Subjekt ein Er zu setzen - auch in einer<br />

570 Wie zuvor angemerkt, handelt es sich bei den Achtelnoten in Phrase 4 (Vers 4) eher um Verzierungen, die<br />

sich, da sie mit der folgenden Viertelnote auf derselben Tonhöhe basieren, auch als “aufgebrochenen” halben<br />

Notenwert interpretieren lassen und somit weniger Einfluß auf den Rhythmus nehmen.<br />

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