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Massenarbeiter und Personalpolitik in Deutschland ... - ISF München

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70er Jahre ausgelöst wurden, aber vielfach tiefere historische Wurzeln haben. Bereits<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er früheren <strong>in</strong>ternational vergleichenden Studie des <strong>ISF</strong> über Arbeitsstrukturierungsmaßnahmen<br />

war aufgefallen, daß neue Formen der Arbeitsorganisation<br />

<strong>in</strong> der italienischen Großserien<strong>in</strong>dustrie gr<strong>und</strong>sätzlich an Konzeptionen der<br />

Gruppenarbeit orientiert waren, während <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik <strong>in</strong>dividualisierende<br />

Gestaltungsmaßnahmen (z.B. E<strong>in</strong>zelarbeitsplätze mit Aufgabenerweiterung <strong>und</strong><br />

Aufgabenbereicherung) überwogen (Düll u.a. 1981/1983). Gruppenarbeit erschien<br />

<strong>in</strong> Italien vielfach als geme<strong>in</strong>same Schnittmenge gegensätzlicher Positionen von Arbeitgeberseite<br />

<strong>und</strong> Gewerkschaftsseite: Während die Gewerkschaften Gruppenarbeit<br />

forcierten, um damit die Voraussetzungen zu e<strong>in</strong>er kollektiven Arbeiterkontrolle<br />

über Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, Arbeitsorganisation <strong>und</strong> dem betrieblichen Leistungsanspruch<br />

zu schaffen (Bechtle 1982), strebte das Management nach Formen<br />

der Arbeitsorganisation, <strong>in</strong> denen die Kooperationsfähigkeit menschlicher Arbeitskraft<br />

als Produktivitätsressource, genutzt werden konnte.<br />

Das durch Gruppenarbeit angestrebte kooperative Leistungsergebnis wird<br />

gestützt durch e<strong>in</strong>en "Produktivitätslohn" (salario di produttività), der e<strong>in</strong>e<br />

Verb<strong>in</strong>dung von Mengen- <strong>und</strong> Qualitätsprämie darstellt <strong>und</strong> an die Fertigungsbelegschaft<br />

<strong>in</strong> ihrer Gesamtheit ausbezahlt wird. Dieser Produktivitätslohn<br />

errechnet sich aus dem täglichen Produktionsergebnis des gesamten<br />

Werkes, wobei nur "Gutstücke" berücksichtigt werden. Er wird<br />

nach e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen Schlüssel auf alle Produktionsarbeiter umgelegt,<br />

wobei die Verteilung auf die e<strong>in</strong>zelnen Arbeitskräfte noch e<strong>in</strong>mal nach<br />

Kriterien der "professionalità" (E<strong>in</strong>gruppierung) <strong>und</strong> der "gravosità" (Arbeitsbelastungen)<br />

differenziert wird. Der "Produktivitätslohn" liegt im<br />

Schnitt bei 20 % des tariflichen Gr<strong>und</strong>lohnes <strong>und</strong> wird monatlich ausbezahlt.<br />

Im Pr<strong>in</strong>zip ist die Berechnungsformel für den "Produktivitätslohn" sehr e<strong>in</strong>fach. Die<br />

tägliche Zahl der produzierten "Gutstücke" wird mit e<strong>in</strong>em Geldfaktor multipliziert,<br />

der aus den <strong>in</strong>nerbetrieblichen Verrechnungspreisen abgeleitet wird. So entsprachen<br />

1987 e<strong>in</strong>er täglichen Produktionszahl von 10.600 Bildröhren e<strong>in</strong> monatlicher Produktivitätslohn<br />

von 215.630 Lit (ca. 300 DM). Voraussetzung für die Berechnung des<br />

Prämienlohnes ist e<strong>in</strong>e genaue Erfassung von Produktionsdaten, aus denen sich die<br />

dem <strong>in</strong>nerbetrieblichen Verrechnungspreis zugr<strong>und</strong>e gelegten Kosten errechnen lassen<br />

(wichtigste Kostensparten: Material, Arbeitsaufwand, Ausschuß). Bereits zum<br />

Untersuchungszeitpunkt waren im gesamten Bereich der Produktion BDE-Systeme<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, <strong>in</strong> denen Stückzahlen, Ausschuß, technische Störungen etc. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

"Produktionszellen" festgehalten wurden; dort, wo e<strong>in</strong>e automatische Datenerfassung<br />

aus technischen Gründen nicht möglich ist, werden die entsprechenden Daten<br />

stündlich vom technischen Personal über Term<strong>in</strong>als <strong>in</strong> das System e<strong>in</strong>gegeben. Dadurch<br />

wird e<strong>in</strong> umfassendes System der Realdatenerfassung ermöglicht, das täglich<br />

über Computer ausgewertet wird <strong>und</strong> zugleich die Gr<strong>und</strong>lage für Fertigungssteuerung<br />

<strong>und</strong> Kostenkalkulation bildet.<br />

Düll/Bechtle/Moldaschl (1991): <strong>Massenarbeiter</strong> <strong>und</strong> <strong>Personalpolitik</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>und</strong> Frankreich.<br />

URN: http://nbn-resolv<strong>in</strong>g.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100374

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