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Massenarbeiter und Personalpolitik in Deutschland ... - ISF München

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Vorgesetzte mit handwerklicher Ausbildung kommen dabei schlecht weg. So me<strong>in</strong>t<br />

e<strong>in</strong> Produktionsleiter: "Viele unserer Meister <strong>und</strong> Vorarbeiter s<strong>in</strong>d ehemalige<br />

Tischler, die man <strong>in</strong> der Produktion nicht mehr brauchen kann. Und Tischler s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e eigene Rasse: die gehen mit Menschen um wie mit Holzklötzen" (Int. D 114).<br />

Alles <strong>in</strong> allem bestätigen unsere empirischen Erhebungen - von e<strong>in</strong>igen<br />

Ausnahmen abgesehen - das Urteil des Managements über e<strong>in</strong>en durchgehenden<br />

"autoritären" Führungsstil der unteren Arbeitsvorgesetzten<br />

nicht. Auch die Ergebnisse der Arbeitskräftebefragung vermitteln e<strong>in</strong> differenziertes<br />

Bild (vgl. Band II).<br />

Vor allem im manuellen Montagebereich trafen wir auf Meister, die ihre<br />

Führungsaufgaben als Aufgaben der Personalbetreuung ansahen <strong>und</strong><br />

durchaus ernst nahmen. Auffallenderweise handelt es sich hierbei um<br />

kle<strong>in</strong>ere <strong>und</strong> überschaubare Bereiche mit hohem Ausländeranteil. Insbesondere<br />

kämpfen sie gegen soziale Herabsetzung ihrer jeweiligen Bereiche<br />

an.<br />

So erklärt etwa e<strong>in</strong> Meister aus dem Bereich der Kle<strong>in</strong>modulen-Montage: "Die<br />

Kle<strong>in</strong>serien nimmt niemand ernst, gerade aber sie s<strong>in</strong>d problematisch, da sie ständig<br />

wechseln daraus entsteht erheblicher Produktionsdruck. Produktionsdruck <strong>und</strong><br />

hoher Krankenstand hängen zusammen. Die Frauen flüchten nicht nur <strong>in</strong> Krankheit,<br />

die werden auch echt krank" (Int. D 93). Auch e<strong>in</strong> Meister aus dem Bereich der manuellen<br />

Kabelfertigung wendet sich gegen die "Unterbewertung" se<strong>in</strong>es Bereichs:<br />

"Die Kabelfertigung ist sehr vielschichtig. Es gibt e<strong>in</strong> großes Teilespektrum, das beherrscht<br />

werden muß. Es bestehen hohe Anforderungen an Aufmerksamkeitsleistung<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> erheblicher Druck auf Qualität, denn Kabel gehören zu den Sicherheitsteilen.<br />

Fehlerfreies Arbeiten ist bei der Handkonfektionierung aber menschenunmöglich"<br />

(Int. D 48).<br />

Aber auch im automatisierten Bereich f<strong>in</strong>den sich - wie das oben zitierte Beispiel<br />

aus der automatischen Leiterplattenfertigung zeigt (vgl. 3.) - neben gezielten Qualifizierungsmaßnahmen<br />

auch Ansätze zur stärkeren sozialen Integration ausländischer<br />

Arbeitskräfte.<br />

Letztlich stärken die Expertenaussagen, aber auch eigene Beobachtungen<br />

sowie unsere arbeitspsychologischen Tätigkeitsanalysen den Verdacht, daß -<br />

die unteren Vorgesetzten vielfach zum Sündenbock für Probleme des Personale<strong>in</strong>satzes<br />

gemacht werden, die nicht - oder zum<strong>in</strong>dest nicht ausschließlich<br />

- durch ihren Führungsstil, sondern durch andere Ursachen begründet<br />

s<strong>in</strong>d. Zu solchen Ursachen gehören e<strong>in</strong>erseits das Pr<strong>in</strong>zip knapper<br />

Personalbesetzung, das <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den automatisierten Montagebe-<br />

Düll/Bechtle/Moldaschl (1991): <strong>Massenarbeiter</strong> <strong>und</strong> <strong>Personalpolitik</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>und</strong> Frankreich.<br />

URN: http://nbn-resolv<strong>in</strong>g.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100374

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