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Spottbild zu einem banalen Manierismus erstarrt, war dem Maler<br />

verhasst; die Blätter der szenischen Reihe 'Am Atelierfenster‘ hatten<br />

das zarte Kolorit der japanischen Darstellungen der Tosa-riu-<br />

Epoche des 13.Jahrhunderts.<br />

Eine künstlerische Parallele zu der Szenenfolge 'Am Atelierfenster'<br />

war der Zyklus 'Sodom XXIX‘. Diese Zyklus-Mappe enthielt sine<br />

Reihe von Blätttern, die in drei Jahrzehnten entstanden waren.<br />

Durch eine bauliche Absonderheit in dem alten Haus, die niemals<br />

entdeckt worden war, konnte der Maler in seinem Dachatelier durch<br />

den Kamin alles hören, was in dem Wohnzimmer im 1. Stock gesprochen<br />

wurde. Seltsam dabei war, daß die Geräusche bei Regen<br />

und niederem Luftdruck besonders gut zu hören waren; der durch<br />

den Kamin mit dem Atelier verbundene Raum hatte zudem eine<br />

hervorragende Akustik, die jeden Ton einwandfrei und deutlich<br />

weiterleitete. So war der Maler unfreiwillig Zeuge familiärer Intimitäten,<br />

die geradezu ein Sittengemälde kleinbürgerlicher Verkommenheit<br />

darstellten. Waren die alten Sodamititer als korrumpierte Diebe<br />

und Räuber, Sittenstrolche und Gesinnungsmörder bekannt und<br />

wegen solcher Verworfenheit bestraft worden, so gelangte durch<br />

den Kamin in deutlichen Wortfetzen der akustische Gestank niederster<br />

Gemeinheiten, der Feuer und Schwefel des sodomitischen<br />

Untergangs übertroff.<br />

In 'Sodom XXIX' wurden die Kamingespräche in einer zyklischen<br />

Folge zu einer höllischen Vision, die wohl eine Fortsetzung früherer<br />

Illustrationen des Malers zu den vierunddreißig Gesängen der Göttlichen<br />

Komödie Dantes darstellten. Was die einzelnen Blätter an<br />

zeichnerischem Situationen enthielten, waren keine chronologischrealistischen<br />

Versionen des Wahrgenommenen; in den zyklischen<br />

Szenenbildern 'Sodom XXIX‘ war nicht die reale Begrifflichkeit der<br />

von Menschen in Sprache wiedergegeben Gedanken und Vorstellungen<br />

gestaltet, eine solche illustrative Dechiffrierung hätte wohl<br />

einen Schacht tiefer menschlicher Abgründe aufgegeigt, die Straße,<br />

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