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Marletta im dritten Stock des Hauses K 35. Von einem Onkel hatte
sie ein Raritätenkabinett geerbt, eine Sammlung von alten Spieluhren,
historische Räderuhren aus verschiedenen Stilepochen und
Sanduhren. Dieses Kabinett gab ihrer Wohnung etwas Spielzeugartiges
von Marionet¬ten; es klang und tickte, und der kosmische und
tellurische Rhythmus der Zeit in der gleitenden, fliessenden, rieselnden,
schwingenden und schwindenden Bewegung war elementar
spürbar. Eine verzauberte Welt tat sich in den Wohnräumen auf: die
Zeit verrann, ohne Schwingen, ohne Schwere und Schatten, im
'Spiegel zeitloser Vollkommenheit', wie es ein Dichter in einem
Hymnus auf eine Kerzenuhr besang, die zur Samm¬lung Marlettas
gehörte.
Marletta hatte, obgleich umgehen von wertvollen alten Uhren in
ihrem Raritätenkabinett, keinerlei Zeitbegriff. Die 'Zeit'- Menschen
waren für sie Sklaven, sie waren Sand, der durch das Stundenglas
glitt, lautlos aus verlorenen Augenblicken, Menschen, die nie die
Tiefe erfuhren.
In Marlettas Wohnung waren oft Besucher; nicht nur die Freunde
der Strafe, die Künstler und Dichter von den Nächten im 'Kokon',
kamen zu ihr. Marlettas Wohnung hatte eine ungewöhnliche Atmosphäre,
alles in den Räumen war in einer Weise geschmackvoll verspielt,
die an Puppenstuben erinnerte. Es war etwas Vertrautes und
doch Unbegreifliches, das die Besucher empfanden, die zu Marletta
kamen. Marletta liebte das Ungewöhnliche und Extravangante in
ihrem Lebensstil.
Die Bewohner des Hauses K 35 waren an die Besucher gewöhnt.
Doch in der Straße gab es merkwürdige Gerüchte über das 'abenteuerliche
Lieben' der Bewohnerin des dritten Stockes in Haus K 35;
die älteren Frauen von nebenan und gegenüber und in den anderen
Häusern, die Marletta seit ihrer Jugendzeit kannten, tuschelten sich
zu, daß es kein Schlafzimmer in deal Straße gäbe, das Marletta nicht
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