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eine Parodie auf die Freuden des Lebens im Geiste von Theleme:<br />

'Ich singe mein Davidisches Harfenlied in dem Cantus B moll mit<br />

einer unfromm-frommen Geschichte, die sich einst zugetragen hat<br />

im heiligen Rom Honorius III. Dort lebte eine junge ganz dem Bösen<br />

zugetane Welttochter, von unübertrefflicher Leibesgestalt. Aber,<br />

o wie wahr lautet des Ovids Vers: lis est cum forma rnagna pudiciae,<br />

Schönheit und Keuschheit halten einen Streit miteinander. Selten<br />

sind beide vereinigt: raro casta anima speciosum corpus inhabitat,<br />

spricht der heilige Ambrosius. Es ist nicht ohne, eine sondere Gabe<br />

Gottes und der Natur scheinet ein schöner Leib zu sein, aber voller<br />

Gefährlichkeit, sonderlich bei dem weiblichen Geschlecht, da die<br />

Schönheit des Leibes allezeit eher zum Bösen reizt als zum Guten<br />

anleitet. Wieviele blieben keusch und rein, wenn sie nicht schön<br />

gestaltet wären? Auch der Teufel hat die schönsten Weibergesichter<br />

bei sich in der unteren Hölle. Sunt apud infernos tot mila formasarum,<br />

singt der Poet Propertius. Viele tausend Weiber liegen im höllischen<br />

Abgrund verdammt, nicht darum, weil sie auf Erden schön g<br />

ewesen, sondern weil sie ihre Leibesschönheit zur venerischen Geilheit<br />

mißbraucht haben. Wie lautete der Wunsch des Poeten Martialis<br />

im Anblick seines schönen Weibes: 0 quam te fieri catulla vellem,<br />

Formosam minus aut magis pudiciam! Meine Catulla, wie erwünschte<br />

ich mir, daß du weniger schön und wohlgestaltet, aber desto reiner<br />

und keuscher an deinem Leib wärest!<br />

0 schnöde Geilheit! So lautet das Zeugnis des Johannes: Omne,<br />

quod est in mundo, concupiscentia carnis est et concupiscentia<br />

oculorum et superbia vitae. Alles, was in der Welt ist, ist entweder<br />

Begierde der Augen oder Hoffart des Lebens. Doch welch ein Mirakel<br />

die wunderliche Bekehrung der stadtbekannten Sünderin und<br />

Venustochter Magdalena! An ihr erfüllte sich, was Paulus an die<br />

Römer geschrieben: Ubi abundavit delictum, super abundavit gratia.<br />

Wo die Sünde überhand genommen, da ist die Gnade überschwenglich<br />

größer geworden. 0 Blindheit der verliebten Venuskinder!‘<br />

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