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Immer war dies nicht so. Zuweilen noch gibt es heftige Kämpfe, bis
ein 'Wunder' geschehen ist, das eindeutig zu Gunsten des Heiligen
gesprochen hat. Von diesem 'Wunder' sprach man lange, niemand
aber weiß mehr recht, ob die unglaubwürdige Geschichte sich jemals
zugetragen hat.
Obgleich der Heilige ganz zur Straße und au den Menschen der
Straße gehört, die ihn verehren, halten sich viele noch an einen alten
Brauch, aus dem Eingeweihte eine Art Sittentopographie der Straße
herauslesen. Es gibt Häuser, an denen die Figur der heiligen Agnes,
von Lilien umkranzt, einen Ehrenplatz hat; in anderen Häusern wird
der 29.Juli, der Tag der Maria Magdalena, als Fest der Patronin der
Dirnen besonders gefeiert, wobei es nach unbestätigten Gerüchten
zu Ausschweifungen im Stil antiker Bacchanalien gekommen sein
soll. Die Anhänger der Keuschheitspatronin und der Schutzheiligen
der Dirnen halten sich in etwa die Waage, wechseln, was niemand
stört, in reiferen Jahren vom Magdalenenkult zu offenen Sympathien
für die standhafte Märtyrerin aus dem alten Rom.
So kommt es, daß die Prozession alljährlich am Namenstag des Heiligen
im Mai durch die Straße zieht, mehr als ein Triumph der beiden
ungleichen heiligen Frauen und ihres heimlichen Anhangs.
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An diesem strahlenden Maitag findet Pater Augustin, der den Umgang
seit vielen Jahren schon leitet wie der Lotse das Schiff durch
die Brandung der Meere, die Straße und die Häuser und die Menschen
ganz anders sieht als in den früheren Jahren. Die Straße in
dem festlichen Gepränge, die Häuser sind wie massige Gestalten, die
Fassaden aneinander gereiht, und jedes hat ein eigenes Gesicht. Alles
ist an diesem Morgen anders als sonst, unverhüllt und offen, als
habe man in der Nacht die Fassaden weggerissen und nichts verberge
mehr die Geheimnisse, die sich hinter den Mauern tausend fältig
verborgen halten.
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