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fers sind für ihn unbedeutend. Von Gott ist in dem Stück nicht die<br />

Rede, obgleich Dinge diskutiert werden, die mit ihm zu tun haben.<br />

Gott wird nicht mehr gebraucht, er ist offenbar unfähig geworden,<br />

zu handeln und die verworrenen Dinge dieser Welt zu lösen. Es ist<br />

Luzifer, der die Szene beherrscht.<br />

Luzifer tritt in der Szene in der Maske eines Advokaten auf, wie es<br />

sie in kleinen Landstädtchen gibt. Die Maske ist mehr literarisch als<br />

theologisch ausgewählt, sie entspricht keineswegs der historischen<br />

Ikonographie. Es sind in ihrer Art Originale, die in irgend einer verträumten<br />

kleinen Stadt leben und gleichsam nebenbei ihre Rechtsgeschäfte<br />

betreiben, nebenbei zahlreiche andere Dinge, die ihrer Neigung<br />

entsprechen; sie gelten als Wohltäter und Förderer des öffentlichen<br />

Lebens, haben in ihrem Umkreis einigen politischen Einfluß<br />

und geniessen die Ehren bedeutender Persön¬lichkeiten des Städtchens.<br />

Die Regieanweisung für die Szene, in der Luzifer seinen großen<br />

Auftritt hat, ist gewissermaßen das Porträt eines solchen Landadvokaten<br />

: das fette, schalkhafte Gesicht des Mönches Cipolla in Boccaccios<br />

'Decamerone‘, der den Cretaldesern eine Feder des Engels<br />

Gabriel zeigen will und Kohlen an deren Stelle findet, die er als jene<br />

ausgibt, mit welchen der heilige Laurentius gebraten worden sei; der<br />

sich als Redner für den Tullius oder Quintilian hielt, klein und mit<br />

roten Haaren. Dieses Konterfei paßt zu dem seltsamen Szenenspiel,<br />

in dem Luzifer auftritt mit der ganzen Beredsamkeit und dem Wissen,<br />

das niemand unter der Maske des biederen Landadvokaten<br />

vermuten würde.<br />

Luzifers Gelehrsamkeit ist gewinnend wie sein leutseliges Wesen,<br />

mit dem er seine Prozeßgegner entwaffnet. Er hat sowohl die<br />

Rechtswissenschaften als auch Philosophie und Theologie studiert;<br />

er kennt sich in allen Fächern der Gotteswissenschaft aus: Religionsforschung,<br />

Dogmengeschichte, Exegetik, Hermeneutik, Homiletik,<br />

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