D E R F A L L T 0 R T 0 R 0 T 0 T

der Wüste Sinai von kunstfertigen Männern nach göttlichem Gebot
geschaffen waren in ihrem gezwirnten Weiß des Linnens, dem blauen
und roten Purpur und Scharlach und Cherubim, erschienen sie
dem Teppichknüpjer Osius als das Werk des Höchsten.
Osius, dem eine bildhafte Darstellung der Dreiheit des EINEN in
ihrer theologischen Begriffsbestimmung der Wesensgleichheit nach
einer Reihe von Entwürfen nicht gelungen war, entschied sich für
einen knüpftechnischen Kunstgriff; was im System theologischer
Arithmetik möglich war, mußte auch am Knünpfstuhl im Spiel der
Kettfäden, Schlaufen und Knoten in einer arithmetischen Verschlüsselung
gelingen.
Die gebotenen göttlichen Maße von Sinai ergänzte Osius freizügig
im eigenen Werk in knüpftechnischer Vollendung. Die Knüpfung
über drei Kettfäden entsprach der Dreiheit des EINEN; bei der
Dichte von 2 700 Schlingen je Quadratdezimeter ergab das textile
Kunstwerk eine Gesamtzahl von 8 334 910 Schlingen, wobei Osius
die große königliche Elle der Ägypter auf seine Maße übertrug.
Was im Spiel der Knoten und Schlingen in einer unfaßlichen Zahl
endete, in der Teilung der Drei jedoch nicht aufging und im Unendlichen
auf das EINE zurückführte, hütete Osius als mystisches Zahlensymbol
im Gewebe seines Knüpfwerkes. Osius war Anhänger
gnostischer Systeme, die der junge Nazianzer Freund in seinen
Athener Studienjahren kennen gelernt hatte und über die sie oft
heftig diskutierten.
Osius‘ arithemtische Symbolik spiegelte sich auch in den Farben und
Motiven seines textilen Auftags für die Bischofskirche wider; die
Sinnbilder der Drei führten immer wieder zu dem EINEN hin, sie
blieben seltsam und geheimnisvoll verborgen und doch klar und
leuchtend in dem Meer der Millionen Schlingen des kunstvoll geknüpften
Teppichs.
359