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wies. Mit souveräner Haltung agierten würdige Gestalten als Richter;<br />

ihr Urteil schied die Gerechten von den Ungerechten, die einen<br />

rechts nach der Öffnung zum Himmel, die anderen zur Linken in<br />

eine Öffnung zur Erde. Nichts auf dem Bild deutete auf das Schicksalshafte<br />

der Urteilssprechung, wie der wunderbare Ort hatte auch<br />

das Gerichtsverfahren nichts Furchterregendes; in allen Gesichtern,<br />

auch der Verdammten , lag eine heitere Gelassenheit, so wie der<br />

Ausdruck der Richter mehr gütig als streng war, als zeigten sie Verständnis<br />

für jene, die zur Verdammnis verurteilt waren. Nichts von<br />

der unerbittlichen Strenge und Unabwendbarkeit ewiger Verdammung<br />

in Dantes Inferno!<br />

So eindrucksvoll die Gerichtsszene in der Bilddarstellung nach der<br />

Schilderung des Verfassers der Chronik war, sie wurde offenbar<br />

über­ troffen von einer anderen Szene, einem Schauspiel das auch in<br />

der Erzählung des Er eine besondere Rolle spielte. Die mythische<br />

Szene der jenseitigen Schau hatte mehr den Charakter einer Allegorie,<br />

die der Erzähler als Lehrstück deutete; der Schöpfer der Bildkomposition<br />

hatte sichtlich die inneren Widersprüche dieser Szene<br />

zu dem Urteilsspruch an dem wunderbaren Ort durch eine surreale<br />

ornamentale Symbolik auszugleichen versucht. In einem geometrischen<br />

Figurenwerk bewegten sich jene Gruppe der Gerichtsszene in<br />

acht Kreisen, über denen ein säulenartiger Lichtbogen stand, der wie<br />

ein Band die Himmelswölbung zusammenhielt.<br />

Im zentralen Raum dieser Szene saßen drei Frauengestalten in weißen<br />

Kleidern, auf ihrem Thron, mit Binden um das Haupt. Das<br />

Schauspiel stellte die Losziehung und die Wahl der Schicksale jener<br />

dar, die an dem wunderbaren Ort durch den Spruch gerichtet worden<br />

waren. Die Losziehung, bei der jede der Abgeschiedenen wählen<br />

konnte und sich meist von den Gewohnheiten des früheren<br />

Lebens leiten ließ, erwies sich als ein zugleich klägliches und lächerliches<br />

und wundersames Schauspiel. Dem Künstler war diese Szene<br />

der Losziehung wohl besonders gut gelungen, denn in der Schilderung<br />

des Chronisten nahm diese Szene einen breiten Raum. ein. Da<br />

eine der drei Frauengestalten auf dem Thron die Schicksalsgöttin<br />

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