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auch von den Leuten besucht, die keine Antiquitäten kauften; sie<br />

blieben oft lange, der Alte empfing sie in einem hinteren Raum. Am<br />

Tag kamen nur wenige Käufer in den Laden des Titus Tisson. die<br />

Besucher in den hinteren Räumen gehörten einer unbekannten Vereinigung<br />

an, die Titus Tisson vor Jahren gegründet hatte, eine Gemeinschaft,<br />

die sich „Bruderschaft des Wissenden‘ nannte. Nach<br />

Vorbildern aus dem Jahrhundert der Aufklärung hatte diese Bruderschaft<br />

ein ausgeklügeltes Ritual und Rangfolgesystem, das einem<br />

strengen Zeremoniell folgte. Waren die alten Orden mehr Tugendbünde,<br />

suchte die ‚Bruderschaft der Wissenden‘ die ideale einer musischen<br />

Sekte zu verwirklichen; ihre Weltanschauung fußt auf einer<br />

Gemeinschaft, die ihre Ideen mit einer kultischen Hingabe zum<br />

Seltsamen, Wunderbaren und Mystischen verfocht. Die Grate idealen<br />

Menschentums waren Ziel der kollektiven Seelenwanderung der<br />

Bruderschaft, wobei alle die ausgiebigen Ruhestationen auf diesem<br />

mühsamen Weg schätzten und wenig Eile zeigten, einem Gipfel zu<br />

erreichen.<br />

Nur wenig von dem, was sich in den hinteren Räumen des Antiquitätenladens<br />

abspielte, drang nach außen; Art und Aussehen der<br />

heimlichen Besucher in den Schluss zu, dass es sich um eine Gemeinschaft<br />

von Idealisten und Weltverbesserern handelte, eitle<br />

Toren, die ihr eigenes Geschwätz und das geheimnisvolle Ritual<br />

ihrer Bruderschaft brauchten, um die Nichtigkeit ihre Ideen zu vertuschen.<br />

Dabei war Titus Tisson, der Antiquitätenhändler, ein vielseitig gebildeter<br />

Mann, mit angeborenem Geschmack und tiefere Erkenntnis<br />

der Stilepochen, vor allem des Biedermeier und der Romantik. In<br />

jungen Jahren hatte er Maler werden wollen indes zu einigen können<br />

gebracht. Auf einer Studienreise verlor er in Rom sein Herz, weniger<br />

an die Künste als an eine junge Wäscherin im Travestere; er blieb<br />

der Kunst auf eine andere Weise verbunden, hatte zunächst eine Art<br />

Galerie an der Via della Paglia bei S. Maria in Travestere, später ein<br />

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