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In einigen Stunden verlasse ich die Stadt.<br />

Als Marletta die Liebesaffäre mit dem jungen Theologiestudenten<br />

und Dichter hatte, war sie siebzehn. Das Skarabäus-Drama war keineswegs<br />

ein ungewöhnliches Erlebnis für den 'Blütenkelch'; immer<br />

wieder tauchten der Park und die verborgene Bank in literarischpubertären<br />

Erzeugnissen als Schauplatz liebestrunkener Erlebnisse<br />

auf. Ein Gedicht aus jenen Jahren, in einer angesehenen Zeitschrift<br />

für moderne Literatur veröffentlicht, trug den Titel: 'Der Mond<br />

umfloß die Bank mit Silberfäden', es war ein feines, lyrisches Wortgespinst<br />

in der Form altchinesischer Liebeslyrik.<br />

Eigentlich hieß sie Maddalena. In der Strafe nannte man sie Marletta.<br />

Sie war schön wie eine Flamingopflanze aus den Urwäldern Amerikas<br />

mit ihrem zierlichen Hals, die das Sumpfige liebt. Es gibt aus<br />

jener Zeit einige Gemälde, die sie als Nymphe, Göttin, Blumenmädchen<br />

und auch als Heilige darstellen. Eine Zeitlang stand sie für<br />

religiöse Motive Modell, so für eine Maria Empfängnis und ein Madonnenbild.<br />

Eine mehr profane als religiöse Darstellung zeigte sie in<br />

einer biblischen Szene sehr freizügig als Maria Magdalena. Ein Bild<br />

fand in einer Ausstellung besondere Beachtung, es stellte sie als<br />

hüllenlos tanzende Salome im Palastsaal des Herodes dar. Marletta<br />

war in ihren jungen Jahren ein begehrtes Modell in den Ateliers der<br />

Künstler der Straße.<br />

Die literarischen und künstlerischen 'Zeugnisse' aus jener Zeit würden<br />

ausreichen, ein lückenloses Bild von der jungen Marletta zu<br />

zeichnen. Sie war keineswegs das 'kleine Mädchen', das die jungen<br />

Männer der Straße zu verführen suchte; mit neunzehn Jahren galt sie<br />

schon als 'Sappho' einer damaligen Dichtergilde. Sie sprach Verse<br />

mit dem natürlichen Geschmack einer literarischen Einfühlung, die<br />

überraschte, sie deklamierte, rezitierte und spielte größere Dramenszenen<br />

mit talentierter Natürlichkeit.<br />

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