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ihr Kind tot zur Welt gekommen war.
Immer mehr verdichtete sich ihr Haß in den Tagebuchnotizen. Der
Haß nahm System an, sie beobachtete sich, der Haß schärfte ihre
Sinne, alle ihre Gedanken, die Worte suchten nach einem Ziel, das
sie nicht zu begreifen schien und ihr immer näher rückte wie ein
riesiges Insekt, vor dem sie sich fürchtete. Wie eine Spinne kroch es
au sie zu, schleimig, mit weiten, giftigen Augen.
Dann begann sie, mit, der Pedanterie einer Schülerin die Umwandlung
chemischer Stoffe zu studieren. In dem Tagebuch häuften sich
Eintragungen, die zunächst kaum verständlich waren und erst in den
Zusammenhängen einen Sinn. erhielten.
Leonca Rosan vermied es aufs sorgfältigste, im ‚Klartext‘ zu schreiben.
Sie verbarg ihre Gedanken hinter einem kunstvollen Schleier
der verschlüsselter Begriffe und Worte, die formelhaft wirkten. Immerwieder
war das Wort ES in den Aufzeichnungen zu lesen, die
zum Teil aus Kürzeln und Stichworten bestanden und nur schwer
einen Sinn ergaben.
Erst in den späteren Eintragungen konzentrierten sich die Aufzeichnungen
in auffälliger Weise auf ein ganz bestimmtes Interesse.
Leonca Rosan notierte kaum mehr die ehelichen Konflikte, obgleich
sich diese häuften und zu einer völligen Entfremdung führten. Waren
die ersten Eintragungen von starken weiblichen Gefühlsausbrüchen
diktiert, voller leidenschaftlicher Klage und Anklage, hilflos,
verworren, so wurden sie bald kühl, sachlich, fast unbeteiligt. Diese
Veränderung war eine Zäsur; das Tagebuch wurde zu einem Kollegheft
mit Notizen, mit denen sich Leonca Rosan offenbar Gewißheit
über ihr 'Geheimnis‘ verschaffen wollte. Die Notiz en befassten sich
mit dem eingehenden Studium aller Dinge, die mit Gift zusammenhingen,
den Wirkungen, Eigenschaften und Anwendungen; eine
Reihe der Tagebuchblätter enthielt chronologische Übersichten über
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