D E R F A L L T 0 R T 0 R 0 T 0 T

O Eros, du, der Götter
Ältester und Jüngster,
Der Freuden wie der Tränen
Unversieglicher Weltenquell
Pater Augustin kennt den Chorgesang, er hat vor langen Jahren die
ernste Melodie in dorischer Tonart komponiert, sie gehört zu den
schönsten der Gesänge beim Umgang.
Neben dem Haus mit der neobarocken Fassade und dem Türschild
mit der Initiale 'AB' windet sich wie ein breites Band die Straße entlang
ein alter Zaun, mit wucherndem Strauchwerk fast, zugewachsen
und verfallen, wie das Gebäude, das dahinter kaum mehr sichtbar
versteckt liegt. Das Gebäude steht seit langem leer, die Besitzerin
des Grundstücks ist vor Jahren verstorben. Niemand weiß, wem das
Anwesen nun gehört.
Pater Augustin kannte die alte Frau, die das verlassene Haus einst be
wohnte und ohne Erben starb. Er kennt ihre Lebensgeschichte, wie
die der vielen, die in der Straße lebten und deren Namen die Jungen
nicht mehr kennen. Er sieht sie alle, die alte Frau und die anderen,
die Toten; Pater Augustin sieht sie wie winzige metallene Körperchen,
sie schweben in den Fensternischen und funkeln im Licht der
Sonne, überall an den Häusern entlang der Straße. Die Lichtkörperchen
tanzen, sie tanzen im Rhythmus der Gesänge, die Straße ist
erfüllt von dem Leuchten der in der Sonne hell glänzenden metallenen
Körperchen, die winzig klein an den Häuserzeilen entlang leise
schweben. Pater Augustin ist es, als höre er ein helles Summen, wie
es die Leute in der Straße immer hören, wenn einer gestorben ist.
Wie das Leben hat auch der Tod in der Straße sein eigenes Gesicht
und ist eingefügt in den geheimnisvollen Rhythmus, der die Straße,
die Häuser und die Menschen beherrscht. Die Toten leben in der
Gemeinschaft; der Totenkult ist anders als sonstwo, er hat nichts
Dumpfes und Verzweifelndes, er ist heiter in der Gewißheit des
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