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einer anderen Zeitdimension, da seine Uhr immer eine Viertelstunde<br />

vorging; er war davon überzeugt, dass er alles, was im kosmischen<br />

Ablauf geschehe, neunhunderttausendstel Sekunden vor allen andern<br />

Menschen erleben und damit dem ‚Uhrstrom des Lebens‘ im<br />

Schnittpunkt von Raum und Zeit näher stehen würde.<br />

In diesem Schnittpunkt erlebte Titus Tisson seine stummen Monologe;<br />

die inneren Selbstgespräche führten ihn in die Tiefen seines<br />

Bewusstseinsstromes, wie er es bezeichnete. In solchen Augenblicken<br />

geriet er in einem ekstatischen Zustand, dem er die Erleuchtung<br />

zu seiner Berufung und seines Systems zu verdanken glaubte.<br />

Titus Tisson fühlte sich in diesen Sternstunden seiner Erkenntnis als<br />

Titan, als Erneuerer und Gesandter einer weltverändernden Idee.<br />

Von solchen hehren Gedanken und Erlebnissen die Leute von der<br />

Straße keine Ahnung. Für sie war Titus Tisson der Antiquitätenhändler,<br />

zu dem zwar sonderliche Kunden kamen, doch die Straße,<br />

die Häuser und die Menschen, die darin lebten, hatten so vieles<br />

Sonderliche, dass die Ekstasen des Antiquitätenhändlers Titus Tisson<br />

niemand überrascht hätte.<br />

Das strengere Ritual, das ausgeklügelte System eines feierlichen Zeremoniells<br />

der Bruderschaft wurden streng geheim gehalten; in den<br />

Hinterräumen des Antiquitätenhändlers regierte Titus Tisson das<br />

‚Reich des Unwirklichen‘; das Geheimnisvolle, das die Bruderschaft<br />

umgab und ihr einen gewissen Nimbus verliehe, wirkte wie das Maskenspiel<br />

einer fremden Priesterschaft.<br />

Titus Tisson hielt sich wahrhaft für einem Priester des Satans, wie er<br />

sich scherzhaft bezeichnete. Seine Verachtung für alle organisierte<br />

Religion stammte aus den Jahren, in denen er einer Künstlergilde der<br />

Deutsch – Römer in der Tiberstadt angehörte; es war kein Atheismus,<br />

der in dieser Gilde gepredigt wurde, mehr ein modernes Heidentum<br />

blasierter Ästheten, die wie jedes religiöse Eempfinden als<br />

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