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Die Künstler erlebten bei ihrem Modell eine merkliche Wandlung in
dem Wesen des jungen Mädchens. Diese Wandlung war am stärksten
spürbar in religiösen Darstellungen, in denen sich ihre Gestalt zu
einer unerwarteten innigen Verklärung steigerte. Ihre Züge als Madonna
hatten zugleich jungfräuliche Anmut und das Wissen mütterlicher
Erfahrung und Erwartung. Marletta genoß in der Straße den
Ruf einer gefallenen Heiligen, sie wurde verehrt, obgleich alle von
ihren Liebesaffären in den Ateliers der Künstler wussten.
Einer der jungen Maler, der in jenen Jahren bei dem damals noch
bescheidenen Umgang in der Straße in der Rolle des Magiers Simon
Magus mitzog, gelang es, Marlettas Neigung zu religiöser Romantik
zu nützen und ihre Zuneigung auf eine originelle Art zu gewinnen.
Dieser Maler, der sich vornehmlich mit religiösen Stoffen befasste
und biblische Szenen graphisch gestaltete, hatte auch die Legende
von dem Magier Simon Magus illustriert, der auf seinen Reisen immer
von einem Mädchen begleitet war, das Helena hieß. Simon hatte
sie in einem Bordell in Tyrus entdeckt; sie war für ihn die Reinkarnation
der trojanischen Helena.
Marletta war längere Zeit die Begleiterin des jungen Malers, seine
'Helena', wie er das Bild nannte, das Marletta in antikem Gewand
dar¬stellte. Vergilbte Blätter mit Gedichten aus jenen Jahren, hymnische
Gesänge auf 'Helena die Göttliche', wurden später in dem
Nachlaß eines Dichters gefunden, der zum 'Kreis' um Marletta gehörte.
In diesem Kreis trug sie den Namen 'Helena', einige Jahre
begleitete sie den festlichen Umgang durch die Straße als 'Helena',
die Helena des Magiers Simon Magus, der in einem der Ateliers der
Straße wohnte und die Anmut schöner Frauen auf Leinwand gut
verkaufte.
Aus ihren frühen Jahren stammt das amtliche Gutachten eines Jugendamtes,
das die Frage zu prüfen hatte, ob Maddalena, genannt
'Marletta‘, durch das Milieu der Straße gefährdet und durch die Ein-
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