D E R F A L L T 0 R T 0 R 0 T 0 T

der achte Schöpfungstag, an dem der Mensch die geschaffene Ordnung
beseitigen und die wahre Welt seiner eigenen Gesetzlichkeit
errichten sollte.
An jedem zweiten Abend ihrer Regierungssitzungen hielten die revolutionären
Anti-Regenten ein Tribunal ab, bei dem Anklage gegen
die herrschenden dieser Welt erhoben wurde, die Toten und die
Lebenden. Dieses Tribunal erforderte nicht nur gründliche Kenntnisse
literarischer und politischer Ereignisse und Zusammenhänge;
nicht Taten wurden untersucht und verurteilt, sondern Gedanken
und Worte, mit großem Fleiß aus Memoirenwerken, Geschichtsbüchern,
Briefdokumenten und anderen Zeugnissen persönlicher Aussagen
von Staatsmännern und Fürsten. Damit wurde das Heuchlerische,
Falsche und Gemeine der Taten zur Selbstanklage, das Urteil
sprachen die Herrschenden gegen sich selbst durch den Widerspruch
von Gedanken, Worten und Taten, die entlarvten sich selbst
mit ihrem Falschspiel.
E7s zeigte sich bei diesem ‚Staatsgerichtshof' eine verblüffende
Übereinstimmung der Methoden, der Täuschung und Künste, mit
denen die Herrschenden ihre Macht ausübten und mit denen sie die
Seelen der Regierten beherrschten. Das alles war System, die Kunst
der Regierenden erwies sich bei den Tribunalen der Revolutionäre
der Traumstraße als eine gemeine Hure, die Macht der Herrschenden
wurde entlarvt und die Götter der Geschichte auf eine zwar
seltsame, doch originelle Art entthront.
Die Republik der Blumenkinder war das erste literarische Experiment
einer Rückgewinnung des Gartens Eden, in dem kein Baum
der Erkenntnis wuchs. Die Blumenkinder der Traumstraße hatten an
seine Stelle den Baum der Liebe gepflanzt, in dessen Schatten alle
ihre Träume sieh erfüllten.
Kein politisches System, keine Regierungsform zeigte sich in der
Lage, das Wohl der Menschen zu organisieren; das Tribunal der
133