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ten öffnete und einen herrlichen Blick auf farbige Blumenbeete,<br />

Bäume und ein großes Wasserbecken bot. In diesem Raum befand<br />

sich ein besonderes Exemplar der Samullung; Osius nannte den<br />

Teppich 'Roter Drachen mit den sieben Kronen‘, er war aussergewöhnlich<br />

in seinen Ausmassen im langen Rechteck. Osius kannte<br />

den genauen Herkunftsort des Teppichs nicht, das Stück mochte aus<br />

einer Werkstatt in Ispaha stammen. Das blaue Mittelfeld war durch<br />

breite rote und drappfarbige Lanzettblätter mit wuchtigen Palmetten<br />

gerautet. In dem Mittelfeld umschlang ein Drache in Ziegelrot, mit<br />

sieben Häuptern und zehn Hörnern, die Erde; mit seinem Schwanz<br />

schleuderte er Sterne vom Himmel auf die Erde. Auf dem blauen<br />

Grund der Hauptborde waren Gitteroktogone mit arabesken<br />

Kreuzrauten gereiht, mit apokalyptischen Symbolen und Zeichen<br />

symmetrisch durchsetzt. In dem starken Blau, Rot, Drapp, Schwarzbraun,<br />

Blaßgrünblau und Elfenbein wirkten Muster und Zeichnung<br />

düster und drohend, wie das rote Ungeheuer, das den Raum beherrschte.<br />

Osius, der mehr die lieblichen und. hellen Farbtöne in<br />

ihren matten und zarten Schattierungen bevorzugte, schätzte die<br />

strengen Formen der monumentalen Muster des ‚Drachen', die untadelige<br />

Verknotung von Kette und Schuß und die samtene Weichheit<br />

des Flors. Das Schußgarn war so dünn, daß der Schuß auf der<br />

Rückseite des Teppichs nahezu unsichtbar blieb. Für den Knüpfer<br />

war das Handwerkliche an dieser Arbeit bemerkenswert: der 'Drachen'<br />

hatte von allen Teppichen der Sammlung die größte Knotenanzahl<br />

von 4500 Knoten je Quadratzentimeter, auf Vorder- und<br />

Rückseite wies das Stück den Flor auf, da jede zweite Knotenreihe<br />

von der Rückseite geknüpft war.<br />

Auch einige unscheinbare Stücke befanden sich in der Sammlung<br />

des Teppichknüpfers Osius. Sie hatten für ihn sehr persönlichen<br />

Wert, vor allem wegen ihres Alters und ihrer besonderen Herkunft.<br />

Unter diesen Stücken befand sich eine wenig wertvolle Arbeit, roh<br />

geknüpft und ohne eigene Musterung; das nur aus einem Fragment<br />

bestehende Textil war alter Familienbesitz, es, stammte angeblich<br />

von dem Apostel Paulus, der auf seinem Reise in Europa von Beröa<br />

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