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Protokoll [ PDF , 2 MB] - SPD

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REDE ERHARD EPPLER „50 JAHRE GODESBERGER PROGRAMM“<br />

Nein, in dem Maße, wie das Gewürge in dieser Koalition erkennbar wird, wird der<br />

Wunsch nach Alternative stärker, und auch die Anforderungen an uns werden stärker,<br />

weil diese Alternative nicht ohne ein grundsätzliches Umdenken in unserer Gesellschaft<br />

zu haben ist, eine Wende in den Köpfen, die inzwischen schon zaghaft begonnen hat, für<br />

die wir auch verantwortlich sind. Das ist unsere Chance, aber auch unsere Aufgabe.<br />

Dieser Marktradikalismus war ethisch gesehen einfach ein unverschämter Egotrip. Menschen<br />

neigen natürlich dazu − wir alle neigen dazu −, erst einmal unsere eigenen Bedürfnisse zu<br />

sehen und selbst zu behaupten, selbst Geld verdienen zu wollen usw. Der Egoismus ist uns<br />

eingepflanzt. Das muss man nicht verteufeln. Aber man muss es auch nicht anstacheln,<br />

man muss es auch nicht feiern und man muss es nicht zum Erziehungsziel machen,<br />

456<br />

(Beifall)<br />

denn das steht im Gegensatz zu 3.000 Jahren europäischer Geschichte. Ob es die<br />

alten Griechen waren, ob es die Juden des Alten Testaments waren, ob es das Neue<br />

Testament war – überall geht es nicht um die Feier des Ego, sondern es geht um das<br />

„Du“, um den anderen bzw. um die andere, neutestamentlich um den Nächsten, um<br />

die Gemeinschaft oder – athenisch − auch um den Staat. Ja, was wir da erlebt haben,<br />

steht in absolutem Gegensatz zu dem, was 3.000 Jahre europäische Geschichte uns<br />

sagen und was sich etwa in einem Satz des Paulus an die Galater konzentriert hat, in<br />

dem er die ganze christliche Botschaft in fünf Worten zusammengefasst hat: „Einer<br />

trage des anderen Last.“<br />

(Beifall)<br />

Aus dieser Tradition stammt die Fraternité der Französischen Revolution, zu der<br />

wir heute nicht mehr Brüderlichkeit, sondern Geschwisterlichkeit oder Solidarität<br />

sagen. Nein, wir wollen nicht den ganz anderen Menschen; da hat uns Godesberg<br />

zur Nüchternheit aufgefordert. Aber wir wollen das Ende der Egofeier, das Ende der<br />

Feier des Homo oeconomicus.<br />

(Beifall)<br />

Wir wollen – wenn das Wort von der Union in den letzten Jahren doch bloß nicht<br />

so fürchterlich abgenutzt worden wäre, ohne jede Bedeutung − sogar wieder darauf<br />

hinweisen, was eigentlich das christliche Menschenbild war.<br />

(Beifall)<br />

Das hat dann praktische Folgen, zum Beispiel was den Wettbewerb angeht. Wettbewerb<br />

in der Wirtschaft ist unentbehrlich. Wettbewerb im Kindergarten ist entbehrlich.<br />

(Beifall)<br />

PROTOKOLL PARTEITAG DRESDEN 2009

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