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Der Jahrhundertbetrug

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Die Anonymität wurde für einige weitere Jahre gewahrt, da die<br />

erste Ausgabe (1953) von Reitlingers „Endlösung“ die Verfasser als<br />

anonym ansieht. Bei der Behandlung des Vergasungsbeginns<br />

verweist er auf „den sehr glaubwürdigen Bericht des Birkenau-<br />

Blockschreibers, welcher im April 1944 nach Ungarn entkam“<br />

(S. 120). In einem anderen Zusammenhang erwähnt er, daß wir<br />

Informationen über Theresienstädter Juden, die nach Auschwitz<br />

verbracht wurden, „einem jüdischen Arzt aus der Slowakei“<br />

verdanken, der im April 1944 nach Ungarn entkam. Dieser Mann<br />

habe die Aufzeichnungen in der Krankenabteilung von Birkenau<br />

angefertigt (S. 190).<br />

Bei der Erörterung des WRB-Berichts sagt uns Reitlinger<br />

schließlich, „das wichtigste dieser Dokumente ist der Bericht des<br />

anonymen jüdischen Doktors aus der Slowakei, der im April 1944<br />

nach Ungarn flüchtete“ (S. 622). In allen drei Fällen bezieht sich<br />

Reitlinger auf den Verfasser des ersten Abschnitts des WRB-<br />

Berichts, der, wie es heißt, dieser slowakische Jude war, der am 13.<br />

April 1942 im Lager eintraf und eine Registriernummer um 29.000<br />

herum erhielt. Reitlinger bezeichnete ihn als Arzt, aber der Bericht<br />

verdeutlicht es in Wirklichkeit nicht, was er war; er war vermutlich<br />

ein „Intellektueller“ oder ein „Büroangestellter“.<br />

Das nächste Stadium scheint die Veröffentlichung des Buches „Im<br />

Schatten des Todes“ von J. Oskar Neumann 1956 in Israel gewesen<br />

zu sein. Neumann war einer der Anführer der verschiedenen<br />

Judenräte und der Widerstandsbewegungen in der Slowakei<br />

gewesen. In seiner Darstellung war Rabbi Michael Dov Ber<br />

Weissmandel (oder Weissmandl) ursprünglich ein ungarischer Jude,<br />

der in einem Teil Ungarns lebte, der nach dem Ersten Weltkrieg von<br />

der Tschechoslowakei annektiert worden war, der Anführer des<br />

jüdischen Widerstands in der Slowakei. In Neumanns Geschichte<br />

erscheinen die beiden jungen slowakischen Juden wie nach Plan in<br />

der Slowakei, so auch der polnische Major (in Wirklichkeit besagt der<br />

WRB-Bericht nicht, wohin der polnische Major entkommen ist).<br />

Neumann vermittelt den Eindruck, als hätte er diese Leute wirklich<br />

kennengelernt : „Doch hier sitzen Augenzeugen, die die volle<br />

Wahrheit gesagt haben“. Seine Schilderung erwähnt die zwei<br />

Verfasser des dritten zusätzlichen Abschnitts in dem WRB-Bericht<br />

nicht, er teilt uns auch nicht die Namen oder tätowierten<br />

Registriernummern der Entkommenen mit. Da sie in großer Gefahr<br />

waren, von der Gestapo entdeckt zu werden, die nach ihnen<br />

fahndete, wurden sie „in eine abgelegene Gebirgsgegend auf<br />

Erholung gesandt.“ Rabbi Weissmandel übermittelte den Bericht<br />

nach Budapest, in die Schweiz und in andere Orte, um andere Juden<br />

zu warnen und Hilfe herbeizubringen. 46<br />

Weissmandel emigrierte nach dem Krieg in die USA und<br />

begründete ein orthodoxes Talmud-Seminar im Staat New York. Er<br />

verstarb im November 1957. Doch seine Kriegserinnerungen<br />

erschienen posthum 1960, leider in Hebräisch, das ich nicht lesen<br />

kann. <strong>Der</strong> WRB-Bericht ist eines der Hauptthemen seines Buches.<br />

Ich habe angenommen, daß seine Darstellung im wesentlichen der<br />

Neumanns ähnlich ist, weil beide Verfasser in ähnlicher Lage waren<br />

und die gleichen Verbindungen hatten. Jedoch, ich kann mich<br />

irren. 47<br />

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