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Der Jahrhundertbetrug

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Es ist offensichtlich, daß diese Todesfälle — so beklagenswert sie<br />

auch sind und wo und bei wem die Verantwortung hierfür auch<br />

immer liegen mag — nichts mit Völkermord oder mit den Juden als<br />

solchen zu tun hatten. Vom Standpunkt der höheren SS-Verwaltung<br />

aus waren sie „katastrophal“ und man gab sich Mühe, sie unter<br />

Kontrolle zu bringen. Angesichts solcher Totenzahlen ist es in keiner<br />

Weise auffallend, daß es in Auschwitz Möglichkeiten zur Lagerung<br />

und Verbrennung von Leichen gab, die schlimmste Zeiten mit<br />

Hunderten von Toten täglich im voraus berücksichtigten.<br />

Die Sterblichkeit in Auschwitz besserte sich während des<br />

Kriegsverlaufs nur unbedeutend. Als während des Jahres 1944 die<br />

Belegung des Lagers auf 100.000 Häftlinge oder mehr angewachsen<br />

war (wahrscheinlich in Anbetracht der Gebietsverluste im Osten, die<br />

die Evakuierung von Arbeitslagern erforderlich machten), betrug die<br />

Sterblichkeitsquote in Birkenau 350 bis 500 Menschen wöchentlich<br />

(was, wie wir gesehen haben, sich auf fast die gesamte Todesquote<br />

von Auschwitz bezog). 97<br />

Es ist tragisch, daß — sogar in der Neuzeit — im Kriege<br />

eingerichtete „Lager“ für viele ihrer Insassen zu Todesfallen<br />

geworden sind. Die Gründe hierfür gleichen einander : ungeordnet<br />

zusammengewürfelte Menschen in übereilt aufgebauten Lagern<br />

treffen auf unzulängliche sanitäre Verhältnisse und eine unsichere<br />

Ernährungs- und Versorgungslage. So hatten während des amerikanischen<br />

Bürgerkriegs die Gefangenenlager im Norden, wie z. B.<br />

Rock Island und Camp Douglas, Todesquoten von zwei bis vier<br />

Prozent im Monat. Diese Zahlen wurden sogar noch übertroffen in<br />

Lagern des Südens, wie z. B. Florence, wo Diarrhö und Skorbut bei<br />

einer Gefangenenzahl von etwa 12.000 Menschen 20 bis 50<br />

Todesfälle täglich zur Folge hatten. Die Bedingungen in Andersonville<br />

waren noch furchtbarer; dort kamen 13.000 der insgesamt<br />

50.000 Kriegsgefangenen der Union um. 98 Während des<br />

Burenkrieges in Südafrika in den Jahren 1899 bis 1902 wurden in<br />

britischen Konzentrationslagern ungefähr 120.000 Nichtkombattanten<br />

der weißen burischen Bevölkerung und 75.000 schwarze<br />

Afrikaner festgehalten. Die Sterblichkeitsquote der Buren reichte<br />

von 120 bis zu 340 Toten jährlich, bezogen auf je 1000 Häftlinge<br />

(1,1% bis 3,4% monatlich), während die Sterblichkeit der burischen<br />

Kinder — vor allem aufgrund von epidemisch auftretenden Masern —<br />

im Jahr bei 600 Todesfällen pro Tausend lag (7,35% monatlich).<br />

Ungefähr 20.000 burische Frauen und Kinder starben in diesen<br />

Lagern. 99 Während des Ersten Weltkrieges legten die Deutschen<br />

russische Kriegsgefangene mit anderen Nationalitäten zusammen,<br />

was Typhusepidemien in ihren Gefangenenlagern zur Folge hatte.<br />

Die Verhältnisse waren denjenigen auffallend ähnlich, die sich in den<br />

Konzentrationslagern des Zweiten Weltkrieges ergaben. 100 Wir<br />

haben gesehen, daß die Russen in den Konzentrationslagern —<br />

besonders in Auschwitz — als Arbeitskräfte eingesetzt wurden; sie<br />

waren daher zweifellos eine der Hauptursachen für die Typhuserkrankungen.<br />

Da sie nicht als gewöhnliche Konzentrationslagerhäftlinge<br />

angesehen wurden, ist ungewiß, ob sie in den oben<br />

aufgeführten Todeszahlen der Lager enthalten sind. Doch hatten sie<br />

sicherlich ihren Anteil an der allgemeinen Sterblichkeitsziffer in den<br />

Lagern und ihre Leichen wurden in denselben Krematorien<br />

verbrannt, nur sind Zahlen nicht verfügbar.<br />

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