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Der Jahrhundertbetrug

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wurde von Jesse H. Jones geführt. Es überwachte die Einlagerung von<br />

Rohgummi und zeichnete auch für den Bau von Buna-Werken<br />

verantwortlich, mit denen man 1941 begonnen hatte. Aber bei den<br />

Behörden hatte niemand den vollkommenen Verlust von Fernost-<br />

Gummi in Rechnung gestellt. Daher hielt sich das Programm für<br />

synthetischen Gummi in engen Grenzen. Die Folge war, daß es im<br />

Jahr 1942 keinerlei praktische Erfahrung gab, wie man die<br />

IG-Farben Produktion im großen Rahmen anwenden könnte.<br />

Die Not begann unmittelbar nach dem Angriff auf Pearl Harbor.<br />

Deshalb verbot die us-amerikanische Regierung auch drei Tage später<br />

den Verkauf von Autoreifen an die Zivilbevölkerung. Die allgemeine<br />

Rationierung für Gummi folgte dann auf dem Fuße. Anfang 1942<br />

wurde es klar, wenn es irgend welcher amerikanischer Kriegsanstrengungen<br />

bedurfte, daß alsdann in Rekordzeit eine gigantische<br />

Industrie zur Herstellung von synthetischem Gummi aufgebaut<br />

werden mußte. Die offensichtlich bedrückenden Aussichten, dies<br />

auch wirklich zu schaffen, verursachten panikartige Zustände, und<br />

natürlich suchte man nach Sündenböcken. Jesse Jones wurde zur<br />

beliebten Zielscheibe. Seine Behauptung, daß 1943 = 300.000<br />

Tonnen synthetischer Gummi produziert würden und 1944 dann<br />

600.000 Tonnen, wurde verlacht (der Gummi-Verbrauch in den<br />

USA betrug 1940 = 648.500 Tonnen). Die Standard Oil geriet nun<br />

auch noch in den nicht berechtigten Verdacht, daß es sich bei den<br />

Abmachungen zwischen den IG-Farben und Standard Oil um eine<br />

Verschwörung gehandelt habe, um in den USA die Entwicklung zur<br />

Herstellung von synthetischem Gummi zu verzögern. Harry S.<br />

Truman, Vorsitzender eines Senatsausschusses, der die Probleme der<br />

Kriegsproduktion zu untersuchen hatte, wurde erstmals weithin<br />

öffentlich bekannt in Verbindung mit der Gummikrise von 1942.<br />

Die Krise brachte auch innenpolitische Konflikte mit sich. Die<br />

großen Öl-Gesellschaften hatten lange Zeit die Führung bei der<br />

Buna-Produktion, doch im Kongreß überwog der Landwirtschaftsblock.<br />

Nun ja, Buna kann nicht nur aus Kohle und Öl hergestellt<br />

werden, man kann als Grundstoff auch Alkohol verwenden, also ein<br />

landwirtschaftliches Produkt. In weiser Voraussicht auf das<br />

Entstehen einer neuen größeren Industrie starteten die landwirtschaftlichen<br />

Interessenten einen Feldzug, in dem sie sich dafür<br />

einsetzten, die Buna-Herstellung auf Alkoholbasis zu bewerkstelligen<br />

(die aufwendigste Methode). Dabei führten sie an, daß die<br />

Russen, die sich auch schon lange mit der Fabrikation von<br />

synthetischem Gummi beschäftigten, vom Alkohol ausgegangen<br />

waren. Auch präsentierten sie einen polnischen Flüchtling, von dem<br />

sie behaupteten, er habe etliche revolutionäre Erfindungen im<br />

Zusammenhang mit der Buna-Herstellung auf Alkoholbasis<br />

gemacht.<br />

Es gab aber auch noch einen anderen politischen Block, der<br />

süd-amerikanische Interessen vertrat und vorschlug, die Gummi-<br />

Pflanzungen zu unterstützen. Und dann war da noch ein kleinerer<br />

Landwirtschaftsblock, der auf eine starke Erweiterung der<br />

Guayule-Plantagen im Südwesten drängte. Das Ergebnis dieser<br />

innenpolitischen Kämpfe schuf ein massives Durcheinander und eine<br />

Verzögerung des vorgelegten Buna-Programms.<br />

Die Gummikrise füllte im Jahr 1942 die Spalten der Presse und war<br />

in der Tat die Hauptkrise, die die USA im Zusammenhang mit dem<br />

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