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Der Jahrhundertbetrug

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Pohl fand Ende April oder Anfang Mai 1944 statt. Das einzige, wonach Glücks<br />

fragte, war, wieviel politische und wie viele Asoziale im Lager wären. Ausländer<br />

galten als politische Häftlinge. Er hat nicht nach ihrer Nationalität gefragt. Von<br />

britischen Gefangenen, die dort gewesen sein sollen, weiß ich nichts. Ich habe<br />

niemals ein Dokument gesehen, das die Nationalität irgendeines Häftlings als<br />

britisch auswies.<br />

Im Lager waren 15 Holzbaracken und in jeder bis zu 250 Insassen. Das Lager<br />

lag oben auf dem Hügel und mein Büro stand an der Lagergrenze. Ich wohnte am<br />

Fuß des Hügels mit meiner Familie. Die Offiziere waren alle verheiratet und<br />

wohnten mit ihren Familien im Dorf. An einen Wechsel im Personal kann ich<br />

mich erinnern; Obersturmführer Peter, der die Wachkompanie befehligte, wurde<br />

versetzt und von einem Obersturmführer Namens Meier abgelöst. Ich kenne<br />

keinen der Rottenführer, die dort waren. In dem Lager war ein Krematorium.<br />

Die Sterberate hing von der Jahreszeit ab. In der guten Jahreszeit waren es 7 bis<br />

8 Sterbefälle pro Woche und in der schlechten 15 bis 18. Sie alle starben eines<br />

natürlichen Todes. <strong>Der</strong> gleiche Vorgang, wie bereits beschrieben, vollzog sich<br />

dann, nämlich die Angehörigen und die Dienststelle, die sie ins Lager<br />

eingewiesen hatte, zu benachrichtigen.<br />

Es war dort nur ein Lagerarzt (Obersturmführer Eiserle), und vier oder fünf<br />

Krankenpfleger (Deutsche). Es gab Ärzte und Medizinstudenten unter den<br />

Häftlingen, die dem Lagerarzt zur Hand gingen. Viele Menschen von über 50<br />

Jahren starben an natürlichen Ursachen, wie Herzkrankheiten. Im Vergleich zu<br />

anderen Lagern war die Sterberate in diesem Lager sehr niedrig. Ich pflegte ins<br />

Arbeitszimmer des Doktors zu gehen, und er erklärte mir verschiedene Dinge,<br />

wie beispielsweise die Versorgung mit Medikamenten, die er hatte, aber da das<br />

alles in Latein war, wußte ich nicht wirklich, um was es sich handelte. Er hat sich<br />

nie über Mangel an Medikamenten beklagt. Zwei Baracken etwas abseits dienten<br />

als Krankenbau, eine für Leute, die nur schwach waren, und die andere als<br />

regelrechter Krankenbau. In diesem letzteren standen 60 bis 75 Betten. <strong>Der</strong><br />

Arzt verfügte über Einrichtungen zur Durchführung kleinerer Operationen, aber<br />

nicht für große Eingriffe. Für diese wurden die Patienten nach Straßburg<br />

geschickt. Es wurde ein Dokument unterschrieben, wenn eine Person dort<br />

hinkam, und wiederum unterschrieben, wenn sie zurückkam, und die Todesfälle<br />

wurden im Lagerbuch eingetragen.<br />

Als ich dort war, passierten 20 bis 25 Gefangenenausbrüche und zehn der<br />

Häftlinge, die zu fliehen versuchten, wurden erschossen. Acht oder neun<br />

wurden wieder eingefangen und zurückgebracht und die übrigen entkamen. Die<br />

acht oder neun, die wieder eingefangen worden waren, erhielten je nach Alter<br />

und Gesundheitszustand 14 bis 21 Tage Haft. In vier oder fünf Fällen aus<br />

zwanzig wurden sie entweder ausgepeitscht oder verprügelt. In jedem Einzelfall<br />

erhielt der Schuldige 10 oder 15 Schläge. Dieses wurde vom Lagerführer<br />

überwacht und auch vom Lagerarzt. Als ich noch Lagerführer war, machte ich<br />

die Aufsicht selbst. Ganz allgemein gesagt, wenn körperliche Züchtigung<br />

vorgenommen wurde, so schwankte die Zahl der Schläge zwischen 5 und 25. Die<br />

Zahl war in dem von Berlin stammenden Befehl festgelegt. Fünfundzwanzig<br />

waren das Maximum. <strong>Der</strong> Arzt mußte zugegen sein, wenn körperliche<br />

Züchtigung vorgenommen wurde. Ich kann mich nicht erinnern, daß ein<br />

Häftling diese Prügelstrafe nicht ausgehalten habe und ohnmächtig geworden sei.<br />

Wenn solch ein Fall vorgekommen wäre, hätte der Arzt die Aufgabe gehabt,<br />

einzugreifen, darum war er ja dabei. Die Strafe wurde mit gewöhnlichen<br />

Holzstöcken ausgeführt, 90 bis 120 cm lang und ungefähr so dick wie mein<br />

Daumen. Die Stöcke wurden aus festem Holz geschnitten, wie man sie in den<br />

Wäldern um das Lager findet. Die Bestrafung wurde von einem anderen Häftling<br />

ausgeführt, der nach Belieben ausgewählt wurde, und zwar auf folgende Weise :<br />

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