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Der Jahrhundertbetrug

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durch die Städte und Dörfer von Polen und der Tschechoslowakei, um die alten,<br />

Tuberkulose-Kranken und sonstig kranken Leute aufzugreifen und sie kurz<br />

danach in den Gaskammern verschwinden zu lassen. Das waren die Polen und<br />

Tschechen der Kategorie III, die es nicht wert waren, zu leben, weil sie<br />

arbeitsunfähig waren. <strong>Der</strong> Polizeihauptmann Wirth ersuchte mich, in Berlin<br />

keine andere Art von Gaskammern vorzuschlagen und alles so zu lassen, wie es<br />

sei. Ich log — wie ich es die ganze Zeit in jedem einzelnen Fall getan hatte —, daß<br />

die Blausäure beim Versenden verdorben sei und sehr gefährlich geworden sei<br />

und daß ich darum gezwungen sei, sie zu vergraben. Das wurde sofort getan.<br />

Am nächsten Tag brachte uns Hauptmann Wirths Wagen nach Treblinka, etwa<br />

100km nordnordöstlich von Warschau. Die Anlagen dieses Todeszentrums<br />

unterschieden sich kaum von denen in Belczek, doch waren sie noch größer.<br />

Dort befanden sich 8 Gaskammern und ganze Berge von Kleidungsstücken und<br />

Unterwäsche, ungefähr 35—40 Meter hoch, (ein 6stöckiges Haus mit<br />

Altbaumaßen! d. Ü.) Dann wurde uns „zu Ehren“ ein Bankett gegeben, an dem<br />

alle Mitarbeiter der Einrichtung teilnahmen. <strong>Der</strong> Obersturmbannführer,<br />

Professor Pfannenstiel, Professor für Hygiene an der Universität Marburg/Lahn,<br />

hielt eine Rede : „Ihre Aufgabe ist eine große Pflicht, eine Pflicht so nützlich und<br />

so notwendig“. Zu mir allein sprach er von dieser Institution in Ausdrücken wie<br />

„Schönheit der Aufgabe, humaner Prozeß“, und zu allen : „Wenn man die<br />

Leichen dieser Juden sieht, erfaßt man die Größe Ihres guten Werks!“ Das Essen<br />

selbst war ziemlich einfach, aber auf Weisung Himmlers erhielten die Mitarbeiter<br />

dieser Anlage so viel sie wollten, was Butter, Fleisch, Alkohol usw. anbelangte.<br />

Als wir das Lager verließen, wurden uns mehrere Kilogramm Butter und eine<br />

große Anzahl Likörflaschen angeboten. Ich versuchte vorzutäuschen, daß ich<br />

genug von allem aus unserem eigenen Hof hätte, und da nahm Pfannenstiel auch<br />

noch meine Portion.<br />

Wir verließen Warschau mit dem Wagen. Während ich vergebens auf eine leere<br />

Schlafkabine wartete, lernte ich Baron von Otter, Mitarbeiter der schwedischen<br />

Gesandtschaft kennen. Da alle Betten belegt waren, verbrachten wir die Nacht<br />

im Gang des Schlafwagens. Da erzählte ich ihm, die Vorgänge noch frisch im<br />

Gedächtnis, alles und ersuchte ihn, es seiner Regierung und allen Alliierten zu<br />

berichten. Als er mich nach einer Referenz fragte, gab ich ihm die Adresse des<br />

Generalsuperintendenten Dr. Otto Dibelius, Berlin-Lichterfelde-West,<br />

Brüderweg 2, eines Freundes von Martin Niemöller und Anführer des<br />

protestantischen Widerstands gegen den Nazismus. Einige Wochen später traf<br />

ich Baron von Otter zweimal wieder. Er sagte mir, er habe einen Bericht an die<br />

schwedische Regierung gesandt, der, wie er sagte, starken Einfluß auf die<br />

Beziehungen zwischen Schweden und Deutschland gehabt habe. Nicht so gut<br />

gelang mir der Versuch, alles dem Leiter der Botschaft des Vatikans zu<br />

berichten. Ich wurde gefragt, ob ich Soldat sei und dann wurde mir eine<br />

Unterredung verweigert. Ich sandte dann einen ausführlichen Bericht an Dr.<br />

Winter, den Sekretär des Berliner Bischofs, um ihn zu veranlassen, ihn dem<br />

Bischof von Berlin zugehen zu lassen und durch diesen der Vatikan-Botschaft.<br />

Als ich aus dem Haus der Vatikan-Botschaft in der Rauchstraße in Berlin kam,<br />

hatte ich eine sehr gefährliche Begegnung mit einem Polizeiagenten, der mir<br />

folgte. Doch nach einigen sehr unbehaglichen Augenblicken gelang es mir, ihm<br />

zu entwischen.<br />

Ich muß weiter hinzusetzen, daß mich Anfang 1944 SS-Sturmbannführer<br />

Günther vom RSHA um eine sehr große Lieferung von Blausäure für obskure<br />

Zwecke ersuchte. Die Säure sollte in seinem Dienstsitz in Berlin, Kurfürstenstraße,<br />

abgeliefert werden. Es gelang mir, ihn glauben zu machen, daß dies<br />

unmöglich sei, weil zuviel Gefahr damit verbunden sei. Es handelte sich um<br />

mehrere Wagenladungen Giftgas, ausreichend, um eine Riesenzahl von<br />

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