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Der Jahrhundertbetrug

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aus Kupfer. Über dem Eingang zu dem Gebäude die Inschrift : „Heckenholt-<br />

Stiftung“. Das war alles, was ich an jenem Nachmittag gesehen habe.<br />

Am nächsten Morgen, wenige Minuten nach 7 Uhr wurde ich unterrichtet : In<br />

10 Minuten kommt der erste Zug. Statt dessen kam wenige Minuten darauf der<br />

erste Zug aus Lemberg, 45 Waggons mit 6.700 Personen. 1.450 davon waren<br />

schon bei der Ankunft tot. Hinter der kleinen — mit Stacheldraht versperrten —<br />

Öffnung Kinder, gelb aussehend, halb zu Tode verängstigt, Frauen, Männer. <strong>Der</strong><br />

Zug rollt ein und hält : 200 Ukrainer, gezwungen, diese Arbeit zu tun, öffnen die<br />

Türen und treiben all die Leute mit Lederpeitschen aus den Abteilen. Dann<br />

werden durch einen riesigen Lautsprecher Anweisungen gegeben : sich völlig<br />

entkleiden, auch falsche Zähne und Brillen abgeben, — manches davon in den<br />

Baracken, anderes im Freien, die Schuhe mit einem kleinen Stück Bindfaden<br />

zusammenbinden, der von einem vierjährigen jüdischen Jungen verteilt wird,<br />

und dann alle Wertsachen und Geld an dem mit „Wertsachen“<br />

gekennzeichneten Fenster abgeben ohne Schuldschein, ohne Empfangs<br />

Bestätigung. Dann gehen die Frauen und Mädchen zum Friseur, der ihnen mit<br />

zwei Schnitten die Haare abtrennt, wonach diese in großen Kartoffelsäcken<br />

verschwanden, „um für spezielle U-Boot-Ausrüstungen, Abtretmatten usw.<br />

verwendet zu werden“, wie der SS-Unterscharführer vom Dienst mir sagte. Dann<br />

beginnt der Marsch : Rechts und links Stacheldraht, dahinter zwei Dutzend<br />

Ukrainer mit Schußwaffen. Angeführt von einem ungewöhnlich schönen<br />

Mädchen kommen sie. Ich stehe mit Polizeihauptmann Wirth direkt vor den<br />

Todeskammern. Völlig nackt gehen sie vorbei, Männer, Mädchen, Babies, sogar<br />

einbeinige Personen, alle nackt. In einer Ecke sagt ein großer kräftiger SS-Mann<br />

den armen Teufeln mit starker tiefer Stimme : „Euch wird nichts geschehen. Ihr<br />

braucht nur tief zu atmen, das stärkt die Lungen. Dieses Inhalieren ist eine<br />

notwendige Maßnahme gegen ansteckende Krankheiten, es ist ein sehr gutes<br />

Desinfektionsmittel!“ Gefragt, was denn aus ihnen werden würde, antwortete<br />

er : „Nun, die Männer werden selbstverständlich arbeiten, Straßen und Häuser<br />

bauen. Aber die Frauen brauchen nicht. Wenn sie es wollen, können sie im Haus<br />

oder in der Küche helfen.“ — Einmal mehr ein wenig Hoffnung für einige dieser<br />

armen Menschen, hinreichend, um ohne Widerstand in die Todeskammern zu<br />

gehen. Die meisten von ihnen wissen ja doch alles, der Gestank hat ihnen ihr<br />

Schicksal klar angedeutet. Und dann steigen sie die kleine Treppe hinauf — und<br />

sehen die Wahrheit!<br />

Mütter, Kindermädchen, mit Babies an der Brust, nackt, viele Kinder jeden<br />

Alters, auch nackt; sie zögern, betreten aber die Gaskammern, die meisten von<br />

ihnen wortlos, geschoben von den anderen hinter ihnen, angetrieben von den<br />

Peitschen der SS-Männer. Eine etwa 40jährige Jüdin mit Augen wie Fackeln,<br />

ruft Blut ihrer Kinder auf die Häupter ihrer Mörder. Fünf Hiebe mit der Peitsche<br />

von Polizeihauptmann Wirth selbst treiben sie in die Gaskammer. Viele von<br />

ihnen beten, andere fragen : „Wer wird uns das Wasser für unseren Tod geben?“<br />

(jüdischer Ritus?) In den Kammern preßt die SS die Menschen eng zusammen.<br />

Hauptmann Wirth hatte befohlen : „Ganz voll machen“. Nackte Männer stehen<br />

auf den Füßen der anderen. 7—800 zusammengedrängt auf 25 Quadratmetern, in<br />

45 Kubikmetern! Die Türen werden geschlossen. In der Zwischenzeit wartet der<br />

Rest des Transports, alle nackt. Jemand sagt zu mir : „Nackt im Winter! Aber sie<br />

können doch auf diese Weise sterben!“ Die Antwort war : „Tja, gerade darum<br />

sind sie ja hier!“ Und in dem Moment begriff ich, warum es „Heckenholt-<br />

Stiftung“ hieß. Heckenholt war der Bediener des Diesel-Motors, dessen<br />

Auspuffgase diese armen Teufel töten sollte. SS-Unterscharführer Heckenholt<br />

versucht, den Diesel-Motor in Gang zu bringen. Aber er läuft nicht an!<br />

Hauptmann Wirth kommt herbei. Es wird deutlich, daß er besorgt ist, weil ich<br />

Zeuge dieses Versagens bin. Ja, in der Tat, ich sehe alles und warte. Meine<br />

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