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Der Jahrhundertbetrug

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Um Eichmanns Verteidigung zu verstehen, ist seine Lage vor dem<br />

Prozeß, wie sein Rechtsanwalt sie sah, zu berücksichtigen. Es war<br />

eine ausgesprochen politische Situation, verflochten mit einer<br />

Entschlossenheit der Israelis, einen Schauprozeß abzuziehen. War<br />

auch hier der Duktus der israelischen Öffentlichkeit und somit<br />

offensichtlich auch des israelischen Gerichts von vornherein<br />

festgelegt, so blieb, doch als einzige Hoffnung der Verteidigung, ein<br />

Plädoyer in der Erwartung vorzutragen, daß Israel im Gegensatz zur<br />

Nürnberger Rachejustiz der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges<br />

sich mit Rücksicht auf die Weltmeinung zu einer mehr den<br />

rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichteten Haltung bereitfinden<br />

könnte. So kam auch hier ein Abstreiten der Existenz eines<br />

Vernichtungsprogramms als Verteidigungsargument kaum in Frage,<br />

hingegen aber eine detailliierte Darlegung der eigenen Tätigkeiten<br />

und Verantwortlichkeiten, die deutlich machten, daß er —<br />

Eichmann — weder einen „Führerbefehl“ zur Vernichtung von<br />

jüdischen Menschen gekannt, noch selbst einen Menschen<br />

umgebracht hatte, er somit von dieser Art Anklagen zu entlasten<br />

wäre. So gründete sich Eichmanns Verteidigung darauf, daß er<br />

lediglich in Befolgung von Befehlen, die Ungehorsam nicht duldeten,<br />

Transporte von Juden organisiert hatte, auf deren letzte<br />

Zweckbestimmung er keinen Einfluß und über die er auch keine<br />

Kenntnis hatte. Daß er lediglich nur ein „Rädchen in einem großen<br />

Getriebe“ gewesen war, ist mehr oder weniger von allen jenen<br />

akzeptiert worden, die sich mit seinem Prozeß näher befaßt haben.<br />

So schrieb z. B.. Hannah Arendt in ihrem „Ein Bericht von der<br />

Banalität des Bösen — Eichmann in Jerusalem“, München 1965,<br />

S. 101/102 :<br />

„Himmler herrschte außer über diese sieben Hauptämter (des RSHA) auch<br />

noch über ein ganz anderes organisatorisches Gebilde, das ebenfalls bei der<br />

Durchführung der ‚Endlösung‘ eine entscheidende Rolle spielte. Dies waren<br />

die Höheren SS- und Polizeiführer, die in den besetzten Gebieten<br />

Befehlsgewalt hatten und nicht dem RSHA, sondern Himmler direkt<br />

unterstellt waren. Sie waren im Rang stets höher als Eichmann und seine<br />

Mitarbeiter eingestuft. Anders war es mit den Einsatzgruppen, die dem<br />

Kommando von Heydrich als dem Chef des RSHA unterstanden — was<br />

natürlich nicht heißt, daß Abteilung lV-B-4 unbedingt etwas mit ihnen zu tun<br />

hatte, geschweige denn ihnen Befehle erteilen konnte . . .<br />

Inzwischen waren alle Ämter und Organisationen in Staat und Partei,<br />

Wehrmacht und SS intensiv mit der ‚Lösung‘ dieses Problems beschäftigt . . .<br />

S. 191 : Nach der Auskunft von Dr. Rudolf Mildner, dem Gestapo-Führer für<br />

Oberschlesien und späteren Chef der Sicherheitspolizei in Dänemark, der in<br />

Nürnberg als Belastungszeuge ausgesagt hat, gingen Deportationsbefehle von<br />

Himmler schriftlich an Kaltenbrunner, den Chef des RSHA, der dann Müller,<br />

den Chef der Gestapo bzw. des Amtes IV im RSHA, davon benachrichtigte.<br />

Dieser seinerseits gab die Befehle mündlich an seinen Referenten in lV-B-4,<br />

also an Eichmann, weiter. Himmler schickte Befehle auch an die in den<br />

jeweiligen Gebieten stationierten Höheren SS- und Polizeiführer und<br />

benachrichtigte dann Kaltenbrunner entsprechend. Und auch darüber, wie die<br />

deportierten Juden zu behandeln seien, wie viele sofort umzubringen und wie<br />

viele zur Zwangsarbeit übrigzulassen seien, entschied Himmler : Seine Befehle<br />

darüber gingen an Pohls WVHA, das sie an Richard Glücks, den Inspekteur der<br />

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