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Der Jahrhundertbetrug

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insofern, als er nicht die Identität seiner amerikanischen Geldgeber<br />

preisgegeben hatte, ist für unsere Angelegenheit kaum wichtig.<br />

Beachtlicher hingegen war das Kreuzverhör der Verteidigung, dem<br />

die deutschen, von der Anklagevertretung bestellten Zeugen<br />

unterzogen wurden. Denn die Verteidigung war in der Lage, die<br />

Anklage zu diskreditieren, indem sie nachwies, daß die<br />

Zeugenaussagen erpreßt worden waren. Baron von Strempel sagte<br />

aus, daß er in Hamburg von zwei britischen Agenten verhaftet<br />

worden war, die, nachdem er sie nach ihrem Haftbefehl gefragt<br />

hatte, „lachten, ihre Gewehre von ihrer Schulter nahmen und<br />

erklärten, dies sei ihr Haftbefehl“. Dann verbrachte er vier Wochen<br />

in einem amerikanischen Vernehmungszentrum und weitere sieben<br />

Monate in einem abgeschlossenem Lager, wo er weiterhin<br />

andauernden Verhören ausgesetzt gewesen ist. „Niemals war seine<br />

Gesundheit so schlecht wie in dieser Zeit“. Er wurde verhört — von<br />

Robert M. W. Kempner —, aber wünschte nicht, darüber zu sprechen.<br />

Richter Laws war gezwungen, Herrn von Strempel darauf<br />

hinzuweisen, daß er die Fragen des Verteidigers Magee über diese<br />

Seite seiner Erfahrungen zu beantworten habe. Schließlich sagte er,<br />

daß Kempner ihm gesagt habe, wenn er „irgendwelche Vorgänge in<br />

der Botschaft verheimliche“, er vor Gericht gestellt und zum Tode<br />

verurteilt werden würde. Dann erzählte er die ganze Geschichte.<br />

Unaufhörliche, intensive Befragungen durch die Vernehmer<br />

erzeugten in ihm ein Gefühl, als sei er hypnotisiert worden. O. John<br />

Rogge wurde einer jener Vernehmer Strempels in Deutschland.<br />

Während der Vernehmung durch Rogge wurden ihm, wie er sagte,<br />

seine Krawatte und seine Schnürsenkel abgenommen, dann wurde er<br />

in Einzelhaft gesteckt, den ganzen Tag ohne Nahrung unentwegt<br />

ausgefragt und stand „die ganze Zeit unter Zwang“. Er gab zu, daß er<br />

eine Aussage unterzeichnet habe, sagte jedoch, daß dies aus Furcht<br />

vor weiterer Einzelhaft geschehen sei. Er machte diese für den<br />

Staatsanwalt so vernichtende Zeugenaussage, trotz der Tatsache,<br />

daß die Vereinigten Staaten ihm 70 Dollar pro Woche zahlten,<br />

zusätzlich Hotelkosten im Zusammenhang mit seinem Erscheinen<br />

als Zeuge gegen Stewart. Es gab freilich trotzdem noch eine<br />

Vergeltungsmöglichkeit für die Vereinigten Staaten, nämlich einige<br />

Arten von „Kriegsverbrecher“-Beschuldigungen gegen Strempel<br />

zu erheben. Gleichermaßen wurde Thomsen dem Kreuzverhör<br />

unterworfen. Er gab dann zu, Strempel habe ihm von der<br />

Todesdrohung berichtet, und erklärte weiter, Rogge habe ihm<br />

„Anweisungen gegeben“, sich an bestimmte Details zu erinnern. Das<br />

Gericht fand Stewart für unschuldig. So erschien Kempner bereits<br />

vor Beginn des Falles 11 in den Zeitungen. 23<br />

In Prüfung der Volksverhetzungs-Affäre sind wir daher dem<br />

Wilhelmstraßen-Prozeß in einer Art und Weise begegnet, daß<br />

Kempner die Bildfläche als Vernehmer und Hauptverfolger<br />

eingesperrter früherer Beamter des deutschen Auswärtigen Amtes<br />

betrat. <strong>Der</strong> Zusammenhang mit Fall 11 gibt sogar noch mehr her,<br />

seitdem Stewarts Verteidiger im Prozeß 1947, Warren E. Magee,<br />

kurze Zeit später Mitberater von Baron von Weizsäcker, dem<br />

Hauptangeklagten im Fall 11, wurde. Wir haben daher den<br />

ungewöhnlichen Tatbestand, daß zwei in den Fall 11 verwickelte<br />

Seiten nahezu gleichzeitig in einem regulären US-Verfahren gegen<br />

einander standen und daß das Vernehmungsergebnis gefangener<br />

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