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Der Jahrhundertbetrug

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worden. Keine Häftlinge sind ausgepeitscht worden; es gab keine Exekutionen,<br />

Erschießungen oder Erhängungen in meinem Abschnitt. Ich bin oft auf<br />

Inspektion durchs Lager gegangen. Allein der Doktor war zuständig für die<br />

Bescheinigung der Todesursache, wenn ein Häftling gestorben war. Die Ärzte<br />

wechselten ständig. Einer dieser Ärzte war Hauptsturmführer Mengele. Ich<br />

nahm Untersuchungen an den Körpern von Leuten vor, die an natürlichen<br />

Ursachen gestorben waren, und das in meiner Stellung als Kommandant, wenn<br />

ich das Lager inspizierte. Wer immer am Tage gestorben war, wurde in ein<br />

Sondergebäude verbracht, genannt Leichenkammer, und dann am Abend auf<br />

einer Lore zum Krematorium gefahren. Die Leichen wurden von Häftlingen auf<br />

die Loren getragen und wieder abgeladen. Die Häftlinge zogen die Leichen im<br />

Krematorium aus, bevor diese verbrannt wurden. Die Kleidungsstücke wurden<br />

gereinigt und wieder ausgegeben, wenn die Leute nicht an Infektionskrankheiten<br />

gestorben waren. Während meiner Inspektionsgänge habe ich niemals<br />

Häftlinge gesehen, die durch physische Gewalt gestorben waren. Wenn ein<br />

Häftling gestorben war, mußte ein Arzt die Zeit des Todes, die Ursache und die<br />

Einzelheiten der Erkrankung bescheinigen. Ein Doktor stellte einen<br />

Sterbeschein aus und sandte diesen an die Verwaltungszentrale des Lagers. Diese<br />

Sterbescheine gingen nicht durch meine Hände. Die beiden Ärzte unternahmen<br />

alle Anstrengungen, um die Häftlinge am Leben zu erhalten. Medikamente und<br />

Kräftigungsmittel wurden verabreicht. Zwei verschiedene Ärzte übernahmen<br />

jeden Tag die Aufsicht über meinen Lagerabschnitt. An einen erinnere ich mich<br />

sehr gut, er war die längste Zeit in meinem besonderen Lagerabschnitt und hatte<br />

auch schon unter meinem Vorgänger Hartjenstein gewirkt. Ich weiß nicht, wie<br />

lange er schon dagewesen war. Sein Name war Hauptsturmführer Mengele, wie<br />

bereits erwähnt.<br />

<strong>Der</strong> Lagerdrahtzaun stand unter Strom und Hunde wurden nur außerhalb des<br />

Lagerkomplexes mitgenommen, um die Häftlinge zu beaufsichtigen, die<br />

landwirtschaftliche Arbeiten verrichteten. Es ist mir niemals gemeldet worden,<br />

daß Häftlinge wegen Hundebissen behandelt werden mußten. In den Lagern gab<br />

es keine Vernehmungen und ich habe überhaupt niemals eine Vernehmung<br />

durchgeführt, als ich Kommandant war. Manchmal habe ich Leute zur<br />

Vernehmung zum Kriminaluntersuchungsbeamten hingeschickt; in diesem Fall<br />

gingen sie zum Zentralverwaltungsbüro und wurden nach der Vernehmung<br />

zurückgebracht, wenn diese beendet war. Ich weiß nicht, wer die<br />

Vernehmungen durchführte. Ich habe von den Behauptungen ehemaliger<br />

Auschwitzhäftlinge gehört, die was von Gaskammern dort sagten,<br />

Massenerschießungen und Auspeitschungen, von der Grausamkeit der dort<br />

eingesetzten Wachen, und daß dies alles entweder in meiner Gegenwart oder mit<br />

meinem Wissen geschehen sei. Alles was ich dazu sagen kann, ist, daß es von<br />

Anfang bis Ende unwahr ist.<br />

Belsen : 1. Dezember 1944 bis 15 April 1945. Am 29. November fuhr ich<br />

nach Berlin-Oranienburg, um mich bei Gruppenführer Glücks zu melden. Seine<br />

Stellung war Chef der Amtsgruppe D, was bedeutet, daß er der zuständige<br />

Offizier für die Organisation aller Konzentrationslager im Reich war. Er<br />

unterstand Obergruppenführer Pohl, der Chef des Wirtschaftsverwaltungshauptamtes<br />

der SS war, (Leiter der Verwaltungsabteilung der SS im<br />

Ministerium) das ist gleichbedeutend mit einem General der Wehrmacht. Er<br />

sagte zu mir : „Kramer, Sie gehen als Kommandant nach Belsen. In Belsen sind<br />

zur Zeit viele Jüdische Häftlinge, die möglicherweise ausgetauscht werden.“ Erst<br />

später, als ich in Belsen war, erfuhr ich, daß diese jüdischen Häftlinge gegen<br />

Deutsche im Ausland ausgetauscht werden sollten. <strong>Der</strong> erste Austausch fand<br />

zwischen dem 5. und 15. Dezember 1944 statt und wurde unter persönlicher<br />

Aufsicht eines Beamten durchgeführt, der zu dem Zweck aus Berlin gekommen<br />

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