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Der Jahrhundertbetrug

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inspizierte das Lager, und ihm waren damals bei einer Inspektion, die dort<br />

herrschenden Zustände absolut klar. Er verbrachte einen ganzen Tag mit<br />

Gängen zusammen mit Dr. Schnabel durch das Lager und sah sich alles gründlich<br />

an. Dabei getroffene Maßnahmen waren, daß Dr. Lolling eine Liste von<br />

Erfordernissen mitnahm und sagte, er würde dafür sorgen, daß wir die<br />

notwendigen Medikamente erhielten. Obwohl ich Kommandant war, wußte ich<br />

gar nichts über den Bestand an ärztlichen Instrumenten und Medikamenten. Das<br />

habe ich dem Lagerarzt völlig überlassen. Alle Lieferungen an Medikamenten<br />

wurden direkt von Berlin angefordert (Dr. Lollings Abteilung). Das ist alles, was<br />

ich darüber weiß.<br />

Solange ich in Belsen war, ereigneten sich 15 bis 20 Gefangenenausbrüche.<br />

Einige der Häftlinge wurden beim Fluchtversuch erschossen. Ich weiß nicht, wie<br />

viele. Gegen Ende Dezember kam ein Befehl aus Berlin, der jede Prügelstrafe<br />

untersagte. Von dem Augenblick an gab es keine Prügelstrafen mehr.<br />

Zwischen dem 20. und 28. Februar 1945 meldete mir der Lagerarzt, es sei<br />

Fleckfieber im Lager ausgebrochen. Die Tatsache wurde von einem biologischen<br />

Institut in Hannover bestätigt. Ich habe darum das Lager geschlossen und einen<br />

Bericht nach Berlin gesandt. Die Antwort aus Berlin lautete, ich hätte das Lager<br />

offen zu halten, um Transporte aus dem Osten aufzunehmen, ob Fieber oder<br />

nicht. Das zweite Mal, als ich nach Berlin schrieb, war zwischen dem 1. und 10.<br />

März, wobei ich einen umfassenden Bericht über die im Lager herrschenden<br />

Zustände abgab. Diese beiden Vorgänge waren die einzigen Gelegenheiten, bei<br />

denen ich gegenüber höheren Dienststellen vorstellig geworden bin. Diese<br />

beiden Schreiben waren an die Verwaltungsstellegruppe B in Berlin gerichtet.<br />

Ich bin nicht selbst nach Berlin gefahren, wie mir bei meinem Gespräch im<br />

November (mit Glücks) gesagt worden war, weil das drei oder vier Tage in<br />

Anspruch genommen hätte, in denen während meiner Abwesenheit keiner<br />

weitermachen konnte.<br />

Soweit ich mich erinnere, hat Gruppenführer Pohl das Lager Belsen ungefähr<br />

am 20. März inspiziert. Er kam mit einem anderen Offizier. Ich führte Pohl ganz<br />

durch das Lager und wies auf die Zustände hin, so wie sie waren. Er kam nicht<br />

auf das Schreiben hin, das ich hingeschickt hatte. Er kam im Rahmen einer<br />

Routine-Inspektion, — „Nur um mal einen Blick in das Lager zu werfen“. Ob<br />

mein Schreiben an das Zentralbüro in Berlin bei unserem Gespräch in Berlin<br />

erwähnt wurde, kann ich nicht sagen. Ich wies auf die Zustände hin, und er<br />

sagte, da müßte etwas geschehen. Die erste von ihm vorgeschlagene Maßnahme<br />

war, das Lager zu schließen, und keine Leute mehr aufzunehmen. Ich schlug<br />

Pohl zwei Maßnahmen vor, um mit der Lage fertig zu werden : a) keine weiteren<br />

Transporte ins Lager und b) den Austausch von Juden im Lager sofort<br />

vorzunehmen. Das Ergebnis war, daß er in meinem Büro ein Schreiben nach<br />

Berlin diktierte, das besagte, daß der Austausch von Juden sofort vorzunehmen<br />

wäre. Dieser Austausch fand schließlich in den letzten Märztagen statt. Ich weiß<br />

nicht, gegen wen diese Häftlinge ausgetauscht werden sollten, aber sie verließen<br />

Belsen in Richtung Theresienstadt. Zwischen 6.000 und 7.000 Personen wurden<br />

abtransportiert, um ausgetauscht zu werden (drei Eisenbahnzüge voll). Diese<br />

6.000 oder 7.000 bildeten die Gesamtzahl jüdischer Häftlinge, die ausgetauscht<br />

werden sollten. Sie wurden in drei Eisenbahnzügen verschickt, jeder Zug hatte<br />

45 bis 50 Waggons. Ich hatte Befehl, drei Transporte an drei verschiedenen<br />

Tagen abgehen zu lassen. Bei jedem Mal setzte ich einige Wachen dafür ein — ich<br />

weiß nicht mehr wie viele — und für jeden Zug war ein verantwortlicher<br />

Wachoffizier als Leiter eingesetzt, wahrscheinlich ein Scharführer, aber das weiß<br />

ich nicht mehr. Ich weiß nicht, bei wem sich die Wachoffiziere am Fahrziel zu<br />

melden hatten. Alles, was ich weiß, ist, daß ich drei Züge voll auf den Weg<br />

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