01.11.2013 Aufrufe

Der Jahrhundertbetrug

Der Jahrhundertbetrug

Der Jahrhundertbetrug

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das Schicksal der Kinder, deren Eltern in Arbeitslager deportiert worden<br />

waren, war besonders tragisch. <strong>Der</strong> Delegierte erreichte mit Unterstützung der<br />

‚Jo Pasztor‘-Organisation, ungefähr zwanzig Heime einzurichten, in denen diese<br />

Kinder, zuweilen begleitet von ihren Müttern, untergebracht werden konnten.<br />

Das Krankenhauspersonal bestand aus erfahrenen Schwestern und aus Juden,<br />

deren Tätigkeit in diesen Heimen ihnen ein Schutzzertifikat gewährleistete,<br />

ähnlich jenen, die der Delegierte seinen Mitarbeitern ausstellte.<br />

Die Repräsentanten des Komitees eröffneten auch Suppenküchen, von denen<br />

jede in der Lage war, täglich ungefähr hundert heiße Mahlzeiten auszugeben.<br />

Empfangs- und Versorgungszentren wurden errichtet, ebenso auch<br />

Krankenhäuser mit Kinder- und Mutterschaftsabteilungen, sowie eine Erste<br />

Hilfe-Station, geöffnet für die Öffentlichkeit ‚ohne Unterschied der Rasse und<br />

des Glaubens‘. Darüber hinaus gab der Delegierte dreißigtausend Schutzbriefe<br />

aus, die, obgleich sie keine legale Basis hatten, von den Behörden respektiert<br />

wurden und ihre Inhaber von der Zwangsarbeit freistellten.<br />

Im November strömten hunderttausend Juden aus den Provinzen nach<br />

Budapest hinein. Die Regierung beschloß, sie in einem Ghetto zusammenzufassen,<br />

einschließlich jener Juden, die in Budapest verblieben waren und<br />

im besonderen auch für Kinder, die in Rot-Kreuz-Heimen untergebracht waren.<br />

<strong>Der</strong> Delegierte schrieb : ‚Ich sah es als meine Hauptaufgabe an, das Ghetto-Leben<br />

so tragbar wie eben möglich zu gestalten. Ich hatte unglaubliche<br />

Schwierigkeiten zu überwinden, um bei täglichem Aushandeln mit den<br />

ungarischen Nazis Bedingungen und Konzessionen zu erhalten, die zu einem<br />

gewissen Grade die Voraussetzungen zum Leben für jene innerhalb des Ghettos<br />

schufen. Ununterbrochen wurden Verhandlungen mit dem Jüdischen Senat auf<br />

der einen Seite und der Stadtverwaltung auf der anderen Seite geführt, um<br />

zumindest ein Minimum an Lebensmittelvorräten für das Ghetto sicherzustellen<br />

zu einer Zeit, da der gesamte Verkehr auf Grund der ständigen Bombardierung<br />

lahmgelegt und die Versorgung immer schwieriger geworden war.‘ <strong>Der</strong> Delegierte<br />

stellte sicher, daß die Rationen für Juden auf 920 Kalorien festgelegt wurden,<br />

d. h. zwei Drittel des Minimums der ungarischen Gefängnisration. Später war es<br />

möglich, eine leichte Anhebung dieser Zahl zu erreichen, und zwar dank der<br />

Ausgabe von Hilfslieferungen.<br />

Trotz der Bemühungen des Delegierten wurden die in das Ghetto verbrachten<br />

Kinder zu 60 in einen Raum gesteckt, den es weder möglich war zu säubern<br />

noch zu desinfizieren. Indem er auf die Gefahr von Epidemien hinwies, erreichte<br />

er, daß die Kinder von einer Inspektion begutachtet wurden, die 500 der 800<br />

untersuchten Kindern erlaubte, in ihre Heime, aus denen sie gekommen waren,<br />

zurückgeschickt zu werden, und die die übrigen 300 Kinder in Krankenhäuser<br />

einwies. Die anderen Kinder verließen das Ghetto nicht, doch sorgten sich<br />

Verwandte oder Freunde um sie. Darüber hinaus sandte die Delegation mit<br />

Erlaubnis der Regierung fünf Personen in das Ghetto mit dem Auftrag, offizielle<br />

und detaillierte Berichte über den Bedarf an Nahrung und Kleidung für jedes<br />

Kind zu erstellen. Schließlich wurden auf Initiative des Delegierten eintausend<br />

Waisenkinder ‚ohne Unterschied der Rasse oder Religion‘ ausgesucht und in der<br />

Abtei von Panonalma, einem Benediktinerkloster, das dem Delegierten vom<br />

Bischof von Gyor zur Verfügung gestellt worden war, untergebracht. Dieses<br />

Refugium unter dem Schutz des Roten Kreuzes wurde von den deutschen und<br />

ungarischen Truppen während ihres Rückzuges respektiert und auch von der<br />

Sowjetarmee. Die Hingabe und Großzügigkeit des Bischofs von Gyor war für<br />

den Delegierten eine fruchtbare Hilfe in seinem von ihm durchgeführten<br />

Wohlfahrtswerk. Seine Aufgabe war es, die Ernährungs- und Unterbringungslage<br />

zu verbessern und die Konvois von Juden, die in Arbeitslager nach Deutschland<br />

deportiert wurden und die gezwungen waren, an einem Tag Strecken von<br />

182

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!