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Der Jahrhundertbetrug

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für die Erstellung dieser Tribunale waren nicht gerade überzeugend.<br />

Die Anklage hat es nicht fertiggebracht, Objektivität fern von Rachsucht zu<br />

wahren, fern allen persönlichen Eifers, Verurteilungen durchzusetzen. Sie hat<br />

versagt, Präzedenzfälle zu schaffen, die geeignet wären, der Welt zukünftige<br />

Kriege zu ersparen. Die ganze Atmosphäre hier ist ungesund. Sprachwissenschaftler<br />

wären nötig. Amerikaner sind bekanntermaßen schlechte Sprachsachverständige.<br />

Gesetzgeber, Anwälte, Dolmetscher und Vernehmer wurden<br />

eingesetzt, die erst wenige Jahre zuvor amerikanische Staatsbürger geworden<br />

waren und deren Grundsatzanschauungen in der Haßmentalität und den<br />

Vorurteilen Europas eingebettet waren. Die Tribunale hatten die Aufgabe,<br />

das deutsche Volk von der Schuld seiner Führer zu überzeugen. Sie überzeugten<br />

die Deutschen jedoch nur davon, daß ihre Führer den Krieg<br />

gegenüber rücksichtslosen Eroberern verloren haben.<br />

Das hauptsächliche Beweismaterial in den Prozessen bestand aus Dokumenten,<br />

ausgesucht aus einer Unmenge erbeuteter Akten. Die Auswahl traf<br />

der Ankläger. <strong>Der</strong> Verteidigung standen nur solche Dokumente zur<br />

Verfügung, die der Ankläger für den einzelnen derartigen „Fall“ als geeignet<br />

ansah.<br />

Unser Tribunal verfügte eine Verfahrensvorschrift, derzufolge das gesamte<br />

Dokument, aus dem der Ankläger Auszüge angeführt hatte, der Verteidigung<br />

als Beweismaterial vorzulegen sei. Die Anklagebehörde widersprach heftig.<br />

General Taylor versuchte das Gericht anzugreifen, rief eine Zusammenkunft<br />

der Vorsitzenden Richter ein und forderte, diese Anordnung wieder<br />

rückgängig zu machen. Dies war gewiß nicht die Einstellung eines gewissenhaften<br />

Gerichtsoffiziers, der nach voller Gerechtigkeit strebt. Für den amerikanischen<br />

Gerechtigkeitssinn ist es ebenso abstoßend, wenn die Anklagebehörde<br />

auf Selbstbeschuldigungen fußt, die die Angeklagten nach mehr als<br />

2½ Jahren Untersuchungshaft, dazu nach wiederholten Verhören ohne<br />

Anwesenheit eines Anwaltes gemacht haben. 2½ Jahre Haft stellen schon<br />

eine Nötigung in sich dar.<br />

Das Fehlen einer Berufungsmöglichkeit hinterläßt bei mir das Gefühl, daß<br />

hier von Gerechtigkeit grundsätzlich keine Rede sein kann.<br />

. . . Sie sollten einmal nach Nürnberg gehen! Dort können Sie einen Justizpalast<br />

sehen, in dem 90% der Anwesenden nur an Strafverfolgung interessiert<br />

sind!<br />

. . . Das deutsche Volk sollte mehr Informationen über diese Gerichtsverfahren<br />

erhalten, und die deutschen Angeklagten müßten das Recht haben.<br />

Berufung bei den Vereinten Nationen einzulegen.“<br />

Wie berechtigt Wennerstrums Angriff auf das niedrige Maß — oder<br />

das gänzliche Nichtvorhandensein — von Integrität bei der<br />

Nürnberger Anklagebehörde war, wird ironischerweise durch die Art<br />

und Weise bestätigt, in der Telford Taylor auf Wennerstrums Feststellungen<br />

reagierte. Seine Äußerungen in Nürnberg erfolgten wahrscheinlich<br />

vertraulich mit dem Hintergedanken, sie in der „Chicago<br />

Tribune“ zu veröffentlichen. <strong>Der</strong> „Tribune“-Berichterstatter Hal<br />

Foust schickte den Bericht nach Berlin, damit er auf drahtlosem<br />

Wege in die USA übermittelt werde. Vermutlich hielt er diesen Weg<br />

gegenüber Schnüfflern für sicher. Dennoch bekam es aber die Strafverfolgungsbehörde<br />

— offensichtlich durch eine Hinterlist — fertig,<br />

eine Abschrift des Berichtes zu erhalten. Taylors Presseoffizier<br />

Ernest C. Deane rief Foust sofort an, um zu versuchen, ihm „die<br />

Absendung der Story auszureden“. <strong>Der</strong> Bericht war aber schon<br />

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