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Der Jahrhundertbetrug

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Es scheint, daß sich das nächste Ereignis um Reitlinger dreht. Die<br />

Anonymität der beiden Verfasser des WRB-Berichts ist ein<br />

auffallender und störender Zug in der ersten Ausgabe des Reitlinger’<br />

schen Buches; ich bin sicher, daß ihm das bewußt ist. Dies hat ihn<br />

zweifellos sehr bekümmert, denn es sieht so aus, daß er sich<br />

aufmachte, die Verfasser des Berichtes ausfindig zu machen;<br />

er schreibt in seiner zweiten Ausgabe, 1968 erschienen, daß Rudolf<br />

Vrba, Verfasser des „wichtigsten Teils“ des WRB-Berichts, d. h. des<br />

ersten Abschnitts, sich „1960 in Cardiff in der Krankenhaus-Praxis<br />

befand“. Reitlingers Verbindungsaufnahme mit Vrba im Jahr 1960<br />

scheint dementsprechend das erste Auftreten eines angeblichen<br />

Verfassers dieses Berichts in irgendeiner Art historischer Aufzeichnung<br />

zu sein. Vrba wurde offenbar als Folge der Nachforschungen<br />

Reitlingers präsentiert. Die Stadt Cardiff in Süd-Wales ist übrigens<br />

nur etwa 200km von Reitlingers Haus in Sussex entfernt.<br />

Reitlinger erwähnt keinen der anderen Verfassernamen. Er befaßt<br />

sich mit einem hektographierten Buch von Silberschein, dem<br />

Kollegen Riegners im Weltjudenkongreß in der Schweiz, das die<br />

„vollständige Version“ des Berichts enthielte. 48<br />

Beide Verfasser der ersten beiden Abschnitte dieses WRB-Berichts<br />

(die zwei jungen slowakischen Juden) erhielten ihre Identität im<br />

großen Eichmann-Prozeß 1961. Zwei Zeugen sagten zum Bericht<br />

aus, und er wurde offenbar mit der Erklärung angeboten, daß die<br />

ersten zwei jungen slowakischen Juden Alfred Wetzler (oder Weder)<br />

und Rudolf Vrba (früher Rosenberg oder Rosenthal), damals in<br />

England wohnhaft gewesen seien. Das Dokument wurde mit der<br />

Begründung abgelehnt, daß gewisse Widersprüche in den vorgelegten<br />

Zahlen weiterer Erklärung bedürften. Daher legte die Anklage gegen<br />

Ende des Prozesses eine eidesstattliche Erklärung dieses Vrba vor.<br />

Die eidesstattliche Erklärung sagt aus, wie Vrba zu solchen<br />

beeindruckend ausführlichen Zahlen bezüglich der Transporte nach<br />

Auschwitz gelangt sei, die einen Hauptzug des WRB-Berichts bilden.<br />

Seine Erklärung vermittelt den Eindruck, daß, während er<br />

Unterstützung von verschiedenen Leuten erhielt, er für die<br />

Aufstellung der Zahlen allein verantwortlich war, und er gibt weder<br />

den Namen preis noch erwähnt er auch nur den Gefährten, der<br />

angeblich mit ihm im April 1944 geflohen sei. Er erwähnt einen<br />

Philipp Müller, der ihm etwas bei den Zahlen geholfen habe, weil<br />

Müller „offenkundig der gegenwärtig einzig noch am Leben<br />

befindliche ist“. Vrbas eidesstattliche Erklärung wurde vom Gericht<br />

abgelehnt, weil es keinen Grund für die Anklage gab, ihn nicht zur<br />

Aussage nach Jerusalem zu bringen. 49<br />

Vrba trat 1964 erneut im Auschwitz-Prozeß in Frankfurt auf. Sein<br />

Buch „I cannot forgive“ („Ich kann nicht vergeben“) — Mitverfasser<br />

Alan Bestic — kam gleichfalls 1964 heraus, kurz vor seinem<br />

Auftreten in Frankfurt. Vrbas Gefährte seiner angeblichen Flucht<br />

erschien ebenfalls. Alfred Wetzler soll der andere junge slowakische<br />

Jude gewesen sein. Wetzler war (1964 = 46 Jahre) ein Angestellter in<br />

der Tschechoslowakei, der am 13.4.1942 in Auschwitz eintraf und<br />

die Häftlingsnummer 29162 erhielt. Er war Blockschreiber in<br />

Birkenau gewesen. Vrba wurde als ein 40 Jahre alter Biochemiker<br />

identifiziert, der in England lebte, der am 30.6.1942 in Auschwitz<br />

angekommen war und die Häftlingsnummer 44070 erhalten hatte.<br />

Auch er war Blockschreiber in Birkenau gewesen. Sie waren, wie sie<br />

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