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Der Jahrhundertbetrug

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Staates, der sie in der Gewalt hatte und der, sich auf seine oberste Autorität<br />

berufend, keinerlei Intervention zu ihren Gunsten duldete. Diese unglücklichen<br />

Bürger teilten das gleiche Schicksal wie politische Deportierte, sie waren ihrer<br />

zivilen Rechte beraubt, ihnen wurde eine schlechtere Behandlung zuteil als den<br />

nationalen Feinden, die schließlich die Vorteile einer Konvention genossen. Sie<br />

wurden in Konzentrationslager und Ghettos gepfercht, zur Zwangsarbeit<br />

verpflichtet, groben Brutalitäten ausgesetzt und in Todeslager geschickt, ohne<br />

daß irgendjemandem erlaubt wurde, sich in diese Angelegenheiten<br />

einzumischen, die Deutschland und seine Verbündeten zum ausschließlichen<br />

Kompetenzbereich ihrer Innenpolitik gehörig betrachteten.<br />

Es sollte jedoch ins Gedächtnis zurückgerufen werden, daß die in Italien gegen<br />

die Juden ergriffenen Maßnahmen unvergleichlich weniger hart waren, und daß<br />

in den Ländern unter dem direkten Einfluß von Deutschland ihre Lage allgemein<br />

weniger tragisch war als in Deutschland selbst. Das Komitee konnte sich nicht<br />

selbst von diesen Opfern lossagen, zu deren Gunsten es die meisten dringlichen<br />

Appelle erhielt, für die jedoch der Spielraum für Hilfsmaßnahmen besonders<br />

eingeschränkt war, zumal seine Aktivitäten angesichts des Fehlens jeglicher<br />

gesetzlichen Basis zum großen Ausmaß vom guten Willen der kriegführenden<br />

Staaten abhing.<br />

Das Komitee hat in der Tat durch Einschaltung des Deutschen Roten Kreuzes<br />

um Informationen hinsichtlich der Zivildeportierten ‚ohne Unterschied von<br />

Rasse und Religion‘ ersucht, was jedoch kurzerhand mit folgenden<br />

Formulierungen verweigert wurde : ‚Die verantwortlichen Behörden lehnen<br />

Informationen über die nicht-arischen Deportierten ab.‘ So führten Nachfragen,<br />

die sich hauptsächlich mit Juden befaßten, zu keinem Ergebnis, und<br />

wiederholte Proteste würden von den betreffenden Behörden übel vermerkt<br />

worden sein und sich vollständig entgegengesetzt ausgewirkt haben — sowohl für<br />

die Juden als auch für den Gesamtbereich der Aufgaben des Komitees. Obwohl<br />

das Komitee nutzlose Proteste vermied, tat es doch in der gezogenen<br />

Konsequenz das äußerste, um den Juden mit praktischen Maßnahmen zu helfen,<br />

und seine Delegierten draußen über diese Richtlinien zu unterrichten. Die<br />

Richtigkeit dieser Politik bestätigte sich durch die erzielten Ergebnisse.<br />

Deutschland. — Sogar zu der Zeit, als die deutsche Wehrmacht ihre Siege<br />

errang, stieß das Bemühen des Komitees hinsichtlich der Juden auf fast<br />

unüberwindbare Hindernisse. Gegen Ende des Jahres 1943 jedoch gestatteten<br />

die deutschen Behörden dem Komitee, Hilfspakete an Konzentrationslagerinsassen<br />

zu senden, deren Namen und Adressen ihm bekannt war und von<br />

denen viele Juden waren. Das Komitee war in der Lage, ein paar Dutzend Namen<br />

zu sammeln. Mit diesen dürftigen Maßnahmen wurde dann ein System von<br />

zunächst individueller und dann kollektiver Hilfe für politische Häftlinge<br />

begonnen, dessen Ausmaß in diesem Bericht an anderer Stelle notiert ist. Jeder<br />

Empfänger schickte verschiedene Namen zurück, und diese wurden der<br />

Adressenliste zugefügt : auf diese Weise gaben die Empfänger oft die ersten<br />

Nachrichten über vermißte Personen. Gegen Ende des Krieges enthielt die<br />

Registratur des Komitees für politische Gefangene (jüdische und nichtjüdische)<br />

über 105.000 Namen.<br />

Während des letzten Kriegsjahres waren die Delegierten des Komitees in der<br />

Lage, das Lager Theresienstadt zu besichtigen, das ausschließlich Juden<br />

vorbehalten war und unter Sonderbedingungen verwaltet wurde. Entsprechend<br />

den vom Komitee in Erfahrung gebrachten Nachrichten wurde dieses Lager von<br />

gewissen Führern des Reiches als ein Experiment eingerichtet, die den Juden<br />

gegenüber augenscheinlich weniger feindselig gegenüberstanden, als jene, die für<br />

die Rassenpolitik der deutschen Regierung verantwortlich waren. Das Bestreben<br />

dieser Männer war, den Juden die Möglichkeit für ein kommunales Leben in<br />

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