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Der Jahrhundertbetrug

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Reichsaußenministers v. Ribbentrop und als Chef von „Inland II“<br />

war er v. Thaddens Vorgesetzter. Wie die Dokumente korrekt<br />

feststellen, war er gleichermaßen in die Judenpolitik der deutschen<br />

Regierung verwickelt. Das Auswärtige Amt wurde von<br />

verschiedenen alliierten Militärtribunalen angeklagt, mit der<br />

Ausrottung der Juden befaßt gewesen zu sein. Und hierfür wurde v.<br />

Ribbentrop vom IMT für schuldig befunden. Die Hauptangeklagten<br />

im Fall 11 waren einige Beamte des Auswärtigen Amtes, die meisten<br />

von ihnen durchschnittliche Diplomaten, wobei natürlich die<br />

Verwicklung in Ausrottungsmaßnahmen gegenüber Juden einer der<br />

Vorwürfe war. Sowohl ex officio, d. h. von ihrer Position her, als<br />

auch unter Berücksichtigung der Dokumente, die wir durchgesehen<br />

haben, hätten sich v. Thadden wie Wagner zu Beginn des Falles 11 in<br />

ernsten Schwierigkeiten befunden haben müssen. Mehr noch : Sie<br />

konnten in diesem Wilhelmstraßenprozeß nicht als unbekannt<br />

gelten. Z. B. wählte die „New York Times“, als sie die Eröffnung des<br />

Falles 11 ankündigte, 8 prominente „Angeklagte oder Zeugen,“ —<br />

und v. Thadden war einer in der Liste. 15<br />

So ist unter normalen Voraussetzungen unerklärlich, daß sie in<br />

jenem Gerichtsverfahren nicht Angeklagte waren. Beide erschienen<br />

als Zeugen der Anklage. 16 Seltsame Ereignisse setzten sich bei ihnen<br />

für verschiedene Jahre fort. Was v. Thadden anbetrifft, so versuchten<br />

deutsche Gerichte die ins Auge fallende Freistellung vor Verfolgung<br />

zu korrigieren. Als er 1949 aus amerikanischem Gewahrsam<br />

entlassen wurde, da klagte ihn ein deutsches Gericht in Nürnberg im<br />

Dezember 1950 an, doch ging er nach Köln in die britische Zone,<br />

und eine Auslieferung wurde abgelehnt. Dann klagte ihn ein Kölner<br />

Gericht im Mai 1952 an, doch fand ein Prozeß niemals statt. Er<br />

unterzeichnete eine Stellungnahme der Anklage im Eichmann-<br />

Prozeß 1961. 1964 wurde er erneut verhaftet, aber wieder<br />

freigelassen, nachdem er eine Kaution von 500.000 Dollar<br />

aufgebracht hatte. Im November 1964 starb er an den Folgen eines<br />

Autounfalles.<br />

Ähnlich erging es Horst Wagner, der 1949 von den deutschen<br />

Behörden inhaftiert worden war. Er brachte es fertig, nach Spanien<br />

zu fliehen und anschließend nach Italien. Auslieferungsverfahren<br />

begannen 1953, doch scheiterten sie. 1958 kehrte er freiwillig nach<br />

Deutschland zurück, um einen Antrag auf Pension zu stellen. In<br />

Essen wurde er verhaftet. Obwohl er früher aus dem Lande geflohen<br />

war, schien er nur kurz in Untersuchungshaft verblieben zu sein,<br />

wenngleich nicht vor April 1960 eine offizielle Kaution in Höhe von<br />

50.000 DM für seine Freilassung bestimmt worden war (er scheint<br />

somit bereits vor der Kaution auf freien Fuß gesetzt worden zu sein).<br />

Wagner nahm sich Ernst Achenbach zum Rechtsbeistand, der<br />

Wagner in seiner Praxis auch beschäftigte. Wagners Prozeß wurde<br />

schließlich auf den 20. Mai 1968 festgesetzt, 10 Jahre nach seiner<br />

Rückkehr nach Deutschland. Doch 12 Tage vor diesem Termin legte<br />

Achenbach sein Mandat nieder mit der Begründung, daß er nicht<br />

genug Zeit zur Vorbereitung dieses Falles gehabt habe. Ein neuer<br />

Prozeßtermin wurde bestimmt, — für 1969. Nunmehr wurde Wagner<br />

von Dr. Laternser vertreten, der wenige Wochen vor dem neuerlichen<br />

Termin eines natürlichen Todes starb. Schließlich wurde abermals<br />

ein anderes Datum für den Prozeß vorgemerkt, doch drei Tage vor<br />

diesem 29. Mai 1972 wurde Wagner ins Krankenhaus eingeliefert,<br />

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