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Der Jahrhundertbetrug

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dort — mußten für eine Inspektion Aufstellung nehmen, und das<br />

Orchester stand zum Aufspielen bereit als Himmler eintraf. Während<br />

sie warteten, stand der Kapellmeister<br />

„mit erhobenem Taktstock bewegungslos, um die Musik für den geehrten Gast<br />

zu dirigieren.<br />

Und dann geschah es, die Katastrophe, die jeder Darsteller befürchtet. <strong>Der</strong><br />

Anblick des Schreckens, wie er nur für große Augenblicke verzeichnet ist; die<br />

Krise, die jedem Augenblick der Wahrheit unablässig folgt.<br />

In der zehnten Reihe außerhalb unseres Blockes entdeckte der Blockälteste an<br />

Yankel Meisels Kittel Lücken in seiner Knopfreihe. Es bedurfte einiger<br />

Sekunden, die Ungeheuerlichkeit des Vergehens voll zu erfassen. Dann fällte<br />

er ihn mit einem Hieb. Unserer Sicht entzogen, . . . prügelten und traten sie<br />

ihn aus dem Leben . . .<br />

Himmlers Gefolge war etwa 15m entfernt. <strong>Der</strong> Taktstock ging in<br />

Bewegung . . . und das Orchester folgte ihm . . . mit Auszügen aus Aida . . . Es<br />

war der „Triumpfmarsch“ . . .<br />

Er ließ uns ausrichten und schnappte : ‚Ich bin der Reichsführer. Wir wollen<br />

mal sehen, wie Ihr Euch vor mir benehmt‘.<br />

Langsam schritt er unsere Reihen ab, ein kleiner Mörder, der einen großen<br />

nachäffte, jeden von uns anstarrend. Wenn er schwarze Fingernägel fand oder<br />

die Holzschuhe nicht ordentlich gewichst, dann brüllte er den Übeltäter mit<br />

Schimpfworten an und stieß ihn mit seinem dicken Bambusstock. Wie im<br />

Kindergarten inspizierte er uns sogar hinter den Ohren und schlenderte dann<br />

durch die Baracken, wo er nach Decken suchte, die nicht akkurat<br />

zusammengelegt waren.“<br />

Vrba erwähnt einen zweiten Besuch Himmlers im Januar 1943<br />

(S. 15—19); dieser scheint jenem vom März 1943 mit Würdenträgern<br />

aus Berlin zu entsprechen, war jedoch diesmal der Anlaß, um der<br />

Vergasung von 3.000 polnischen Juden zuzusehen. <strong>Der</strong> Vorgang war<br />

für 9 Uhr vormittags angesetzt, aber Himmler brauchte bis 11 Uhr,<br />

um fertig zu frühstücken, und so mußten die 3.000 Juden zwei<br />

Stunden in der Gaskammer warten. Himmler sah schließlich dem<br />

Vergasen in heiterer und gelockerter Stimmung zu, unterhielt sich<br />

mit dem Kommandanten und anderen und warf gelegentlich einen<br />

Blick durch das Guckloch, um zu beobachten, wie die Juden vergast<br />

wurden.<br />

Das Buch bleibt bei diesem ausgesprochen unglaublichen Tonfall<br />

bis zum Ende. Mag es der, der es ertragen kann, lesen.<br />

Reitlinger zitiert in der zweiten Ausgabe seines Buches Vrbas<br />

Buch mit keinem Wort. Zwar bezeichnet er Vrba als den Verfasser<br />

des ersten — „wichtigsten“ — Abschnittes, doch ist den Angaben zu<br />

entnehmen, daß diese Rolle dem Wetzler zugeschrieben werden<br />

muß. Für G. Reitlinger erscheint weder bedeutsam noch belangvoll,<br />

daß Vrba erst 18 Jahre alt war, als er seinen Aussagen zufolge<br />

begann, die Zahlen und andere Angaben über die Transporte nach<br />

Auschwitz zu sammeln — mit der Absicht, diese Informationen der<br />

Außenwelt zugänglich zu machen.<br />

Soweit ich weiß, ist die Anonymität des polnischen Majors bisher<br />

nicht gelüftet worden. Namen wurden für die beiden Autoren des<br />

ergänzenden Abschnitts präsentiert (Czezlaw Mordowicz, der seinen<br />

Namen geändert hat in Petr Podulka, und Arnost Rosin, der seinen<br />

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