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Vorlesungsskript Physik IV - Walther Meißner Institut - Bayerische ...

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Abschnitt 9.6 PHYSIK <strong>IV</strong> 365Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gehört die Tatsache, dass Wärme der ungeordneten Bewegung von Atomenund Molekülen entspricht, zu den anerkannten Erkenntnissen der <strong>Physik</strong>. Als Hypothese existiertediese Aussage bereits viel länger. 1 Erste experimentelle Befunde für seine Gültigkeit gab es bereits Endedes 17. Jahrhunderts. 2 Erste quantitative Grundlagen zur einer molekularkinetischen Theorie der Wärmewurden bereits 1738 von Daniel Bernoulli in seiner Hydrodynamica gegeben. Die Skepsis vieler Wissenschaftlerblieb allerdings bis Anfang des 20. Jahrhunderts groß. So schrieb Ludwig Boltzmann imVorwort seiner Gastheorie noch im Jahr 1898:Es wäre daher meines Erachtens ein Schaden für die Wissenschaft, wenn die Gastheorie durchdie augenblicklich herrschende, ihr feindselige Stimmung zeitweilig in Vergessenheit geriete,wie z.B. einst die Undulationstheorie durch die Autorität Newtons. Wie ohnmächtig der Einzelnegegen Zeitströmungen bleibt, ist mir bewusst. Um aber doch, was in meinen Kräften steht, dazubeizutragen, dass, wenn man wieder zur Gastheorie zurückgreift, nicht allzuviel noch einmalentdeckt werden muss, nahm ich in das vorliegende Buch nun auch die schwierigsten, demMissverständnis am meisten ausgesetzten Teile der Gastheorie auf. aa Ludwig Boltzmann nahm sich im Jahr 1906 in tiefer Verbitterung das Leben, kurz bevor Untersuchungen vonPerrin (1908) eine glänzende Bestätigung seiner statistischen Mechanik lieferten.Heute ist völlig unbestritten, dass das thermodynamische Verhalten makroskopischer Systeme aus derstatistischen Mechanik in Verbindung mit der Quantenmechanik hergeleitet werden kann. Es besteht deshalbprinzipiell keine prinzipielle Notwendigkeit dafür, die Thermodynamik als unabhängige Disziplinder <strong>Physik</strong> vor der statistischen Mechanik einzuführen. Im Rahmen von <strong>Physik</strong> I wurde dies teilweisetrotzdem gemacht, da die quantenmechanischen Begriffsbildungen noch völlig unvertraut waren. Diedort geführte Diskussion basierte auf der klassischen <strong>Physik</strong>. Wir wollen jetzt unser Grundwissen zurQuantenmechanik anwenden, um die dort geführte Diskussion zu erweitern.Wir haben im Rahmen der <strong>Physik</strong> I bereits gesehen, dass das thermische Verhalten von Materiezunächst makroskopisch durch rein phänomenologische Beziehungen (thermodynamischeVerküpfungsgleichungen) beschrieben werden kann. Wir haben dann aber darüberhinausgehend gezeigt,dass die wichtigsten Aussagen der Thermodynamik auch auf die atomare Struktur der Materie und dieBewegung dieser mikroskopischen Einheiten zurückgeführt werden können. Wir sprachen von der molekularkinetischenTheorie der Wärme oder, auf Gase bezogen, von der kinetischen Gastheorie. AlsBeispiele haben wir den Druck oder die innere Energie eines Gases diskutiert, die sich mit der Annahmeeiner regellosen Bewegung der Gasteilchen herleiten ließen. Dass die Annahme einer regellosen Bewegunggerechtfertigt ist, ließ sich über die Brownsche Molekularbewegung eindrucksvoll demonstrieren.Bei der molekularkinetischen Beschreibung der Wärme mussten wir Methoden der Statistik verwenden,da die große Zahl von Teilchen in einem makroskopischen Stück Materie es uns nur erlaubt, Aussagenüber Mittelwerte der Teilchenparameter zu machen. Wir werden in den folgenden Kapiteln diese statistischeBetrachtungsweise etwas verfeinern, was uns zu einem der wichtigsten Begriffe des Wärmephysik,nämlich zum Begriff der Entropie führen wird. Der Begriff der Entropie wurde zwar im Rahmen der<strong>Physik</strong> I bereits eingeführt, die thermodynamische Formulierung dieses Begriffs ist aber nicht ganz zufriedenstellend.Insbesondere wird aus der thermodynamischen Formulierung nicht klar, wieso sich alleSysteme gemäß der Entropiebedingungen (Maximierung der Entropie) entwickeln, wenn sie sich selbstüberlassen sind. Die statistische Formulierung der Entropie gibt hierzu eine zufriedenstellende Erklärung.1 Roger Bacon (1214 – 1294) sieht die innere Bewegung der Körper als Ursache der Wärme an.Johannes Kepler (1605) sieht die Wärme als Ursache der Bewegung der Teile eines Körpers.Roger Boyle (1665) betrachtet die Bewegung der Moleküle als Ursache der Wärme.2 Leeuwenhoek beobachtete unter dem Mikroskop eine scheinbar willkürlich Bewegung kleinster Partikel. Diese Erscheinungwurde allerdings nicht richtig verstanden. Man dachte an kleinste lebende Partikel oder auch an Lichtwirkungen. Eineähnliche Beobachtung wurde von dem Botaniker Robert Brown im Jahr 1828 an Pollenkörnern gemacht (Brownsche Bewegung).Aber auch er konnte keine Erklärung dafür geben.2003

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